Mittwoch, 6. Dezember 2017

Mattersburg im Herbst


Allgemeine Spielanlage


Der SV Mattersburg ist eine der am direktesten spielenden Mannschaften der Liga. Dies äußert sich beispielsweise darin, dass es ligaweit das Team ist, das am wenigsten den Ball hat (der durchschnittliche Ballbesitz beträgt lediglich 40,6%). Auf geplanten, sauberen Spielaufbau wird offensichtlich wenig Wert gelegt, man spielt mit Abstand die wenigsten Pässe und weist von allen Teams die niedrigste Passquote auf (67,10%). Wenig überraschend spielen die Burgenländer jeden vierten Ball lang, was wiederum der höchste Anteil aller Teams ist. Nach Ballgewinn setzt man also auf direktes Spiel nach vorne, von wo der Ball dann vergleichsweise häufig in den Strafraum geflankt wird; lediglich der WAC (6,2) flankte pro einhundert Pässen den Ball häufiger als die Mattersburger (5,15). Unterstrichen wird der Umschaltfokus durch die Tatsache, dass lediglich die Admira und der WAC einen höheren Anteil (32 bzw. 25%) ihrer Tore aus Kontern erzielten als die Burgenländer (22%). 

Neben dem Fokus auf das Direktspiel fällt die Aktivität der Mattersburger im Pressing auf. Nach den Salzburgern, den Paten des Spiels gegen den Ball, sind die Burgenländer die am intensivsten gegen den Ball arbeitende Mannschaft der Liga (1,49 Defensivaktionen pro Minute gegnerischen Ballbesitzes). Vor allem die Anzahl abgefangener Bälle ist herausragend; Mattersburg führte diese Wertung mit 515 deutlich an. Der Abstand zum zweitbesten Team ist so groß, dass er pro Spiel beinahe acht abgefangene Bälle beträgt. Unter den zehn Spielern mit den meisten abgefangenen Bällen pro 90 Einsatzminuten sind mit Jano, Rath, Ortiz, Malic und Erhardt gleich fünf Mattersburger; interessanterweise fünf zentrale Spieler, was ein Hinweis auf den Zentrumsfokus im Spiel gegen den Ball ist.

Graphik: Fouls und gelbe Karten im Vergleich zum Ligaschnitt

Dazu kommt, dass sich Mattersburg oft auch unlauterer Mittel bedient, um das gegnerische Spiel zu stören. Sowohl bei den Fouls als auch bei den gelben Karten ist die Mannschaft überdurchschnittlich und diejenige mit den zweithöchsten Werten der Liga (siehe Graphik). Zwar kann dadurch häufig der gegnerische Spielaufbau unterbunden werden, allerdings birgt diese Strategie angesichts der Schwäche der Mattersburger bei gegnerischen Standards durchaus auch Gefahren.

Grundformationen

Im Verlauf der bisherigen Saison setzte Trainer Baumgartner zwei verschiedene Grundformationen ein. Während zu Saisonbeginn und seit Mitte Oktober auf das aus der Vorsaison gewohnte System mit Doppelsechs vertraut wurde, setzte man zwischendurch, vor allem auswärts oder zuhause gegen starke Gegner, auf die Variante mit drei zentralen Mittelfeldspielern. Die Viererkette ist ebenso wie der einzelne zentrale Stürmer in der bisherigen Saison Standard gewesen. 

Im Spiel mit dem Ball ergeben sich kaum Unterschiede zwischen den beiden Systemen, man spielte in der Formation mit Dreiermittelfeld zwar im Schnitt etwas mehr Pässe und einen höheren Anteil davon lang, die Unterschiede in der Passgenauigkeit und der Lokalisierung der Pässe (circa jeder dritte jeweils im Angriffsdrittel) sind jedoch zu vernachlässigen. Mit Doppelsechs hat man im Schnitt etwas mehr vom Ball, was jedoch auch der höheren Qualität der Gegner in den Spielen mit Dreiermittelfeld geschuldet sein kann.

Graphik: Unterschiedliche Grundformationen: Je größer der Name, desto mehr Pässe pro 90 Einsatzminuten. Je größer derPunkt, desto höher die Passquote.

Auch in der Intensität des Pressings und die Umschaltgeschwindigkeit nach Ballgewinn sind lediglich marginal, im 4-3-3 spielte man pro Schuss zwei Pässe mehr. Die vorherrschende Idee bei der Systemwahl war offensichtlich, mit einem verdichteten Zentrum im 4-3-3 etwas tiefer zu pressen, ohne die allgemeine Spielanlage allzu sehr verändern zu müssen. 

Von den Spielen, in denen auf ein Dreiermittelfeld gesetzt wurde, konnte jedoch keines gewonnen werden konnte und die Mannschaft holte im Schnitt weniger als halb so viele Punkte. Man konnte auch weniger Chancen herausspielen konnte und ließ mehr zu; mit Doppelsechs hat man eine leicht positive Differenz der Expected Goals (+1,65), mit Dreiermittelfeld eine negative (-0,81). Der Formationswechsel hat also nicht wie gewünscht funktioniert, deshalb wahrscheinlich kam es zur Rückkehr in die Stammformation. Ein weiteres Einsetzen der Alternativformation zumindest in den Spielen vor der Winterpause erscheint unrealistisch. 

Positionen

Im Tor bestritt Stammtorhüter Kuster bislang alle Partien und ist gesetzt. Von allen Stammtorhütern der Liga weist er in der bisherigen Saison die niedrigste Fangquote auf (60% aller Schüsse aufs Tor). Dies liegt mitnichten daran, dass seine Vorderleute zu viele Großchancen zuließen. Die Chancenqualität der Gegner hätte im Schnitt für etwa 22 Gegentore gereicht, erhalten hat er aber 30 (ohne Eigentore) Diese Differenz ist bei keinem Torhüter der Liga größer, weder absolut noch in Bezug auf die Einsatzzeit gerechnet. Probleme hat er zudem bei der Strafraumbeherrschung, er fängt lediglich 0,7 Flanken pro 90 Einsatzminuten, was 3,6% der gegnerischen Flanken entspricht, der wiederum niedrigste Wert aller Torhüter der Liga. Auf jeden Fall ist er ein möglicher Schwachpunkt.

Die Stamminnenverteidigung bilden Mahrer und Malic, erster Ersatzmann ist César Ortiz. Die Aufgaben der Spieler auf dieser Position sind eher klassisch verteilt. Zweikämpfe und vor allem Luftduelle sollen gewonnen werden, vor allem bei Letzteren sind sie Ligaspitze (72%), was die Verwundbarkeit bei Flanken relativiert. Im Spielaufbau sind sie jedoch wenig eingebunden, 34 Pässe pro 90 Einsatzminuten ist der niedrigste Wert aller Ligateams. Jeder dritte Pass davon wird lang gespielt, was der höchste Anteil aller Teams ist und sich mit dem direkten Umschaltspiel nach Ballgewinn deckt. Der passsichere Ortiz ist lediglich Option Nummer drei.

Auf den Außenverteidigerpositionen spielen üblicherweise Höller rechts und Rath links, wobei letzterer auch im Abwehrzentrum zum Einsatz kam und ersterer vor allem zu Beginn der Saison häufig eine Linie weiter vorne. Diese unterschiedlichen Nebenpositionen wirken sich auch auf ihre Interpretation der Außenverteidigerposition aus. Höller auf rechts ist weit mehr in den Spielaufbau eingebunden und schaltet sich viel häufiger in das Offensivspiel ein als Rath auf der linken Seite (siehe Vergleichstabelle). Im ligaweiten Vergleich ist er jedoch nur ein durchschnittlich offensiver Außenverteidiger. Florian Hart, der zu Beginn der bisherigen Saison auf beiden Außenpositionen in der Viererkette zum Einsatz kam, seit September aber keine Minute mehr spielte, reiht sich was seine Leistungsdaten betrifft zwischen seinen beiden Kollegen ein.


Spieler
Pässe
Flanken
Torschussvorlagen

Schüsse
Alois Höller
33,78
2,55
0,92
0,41
Lukas Rath
22,59
0,93
0,19
0,19
Alle Werte normiert auf 90 Einsatzminuten.

Im zentralen Mittelfeld sind unabhängig von der Grundformation Jano und Erhardt gesetzt, erst in den letzten Spielen konnte sich Seidl in die Startformation spielen. Beim Einsatz des Dreiermittelfelds war meist Sittsam die erste Wahl. Wenn Jano neben Erhardt spielte, zeigte sich eine merkwürdige Asymmetrie. Der Spanier ist sowohl in den kreativen wie auch in den kämpferischen Disziplinen weit aktiver als sein Kollege. Er spielt pro 90 Einsatzminuten die zweitmeisten Pässe aller Feldspieler (37,4; Ortiz 43,2) und weist die zweitbeste Passquote auf (75,9%; Hart 77,7%). Gleichzeitig arbeitet er extrem aggressiv gegen den Ball; sowohl die 83 abgefangenen Bälle als auch die 67 Tackles sind ligaweit Spitzenwerte für einen zentralen Mittelfeldspieler. Sowohl am Boden als auch in der Luft bestreitet er zudem mehr Zweikämpfe als Erhardt und gewinnt anteilsmäßig mehr als dieser.
Wenig verwunderlich, dass angesichts der abfallenden Werte Erhardts zunehmend Seidl in die Startelf drängt. Dieser weist im Gegensatz zu Erhardt zudem offensiv weit mehr Gefährlichkeit auf; er war in weit weniger Einsatzzeit an mehr Torschüssen beteiligt (8) als Erhardt (7). Auffallend ist dabei vor allem seine Qualität bei Standardsituation (siehe Graphik). In Zukunft ist also zu erwarten, dass die Stammbesetzung in der Mittelfeldzentrale eher aus Jano und Seidl bestehen wird, sollte die Grundformation mit Doppelsechs beibehalten werden.


Graphik: Torschussvorlagen von Manuel Seidl im Auswärtsspiel gegen Salzburg

Für die Positionen in der offensiven Dreierreihe beziehungsweise für die Flügel im 4-3-3 verfügt Coach Baumgartner über eine Reihe an Alternativen, die er auch regelmäßig nützt. Dazu setzt er dort auch Spieler wie Pink, Prevljak und Höller ein, die auch auf anderen Positionen spielen. Wer dort auch spielt, ist jedenfalls sehr wenig ins Spiel eingebunden; die Offensivspieler spielen nirgends so wenige Pässe pro Einsatzzeit wie bei Mattersburg. Leidglich der meist zentral hinter der Solospitze eingesetzte Perlak kommt mit knapp 30 Pässen pro 90 Einsatzminuten auf einen überdurchschnittlichen Wert; sonst ist die Aufgabe der Spieler im Offensivbereich hauptsächlich, den Ball in die Box zu bringen (nur beim WAC und bei Sturm flanken diese Spieler mehr). Auch selbst zum Abschluss zu kommen, ist kaum ihre Aufgabe (nur bei den Wolfsbergern geben die Spieler auf diesen Positionen weniger Schüsse pro 90 Minuten ab).

So verwundert es kaum, dass die Spieler im Offensivbereich vergleichbar wenig Torgefahr ausstrahlen; von den acht Spielern mit der höchsten xG-Beteiligung im Kader sind nur zwei, die bisher ausschließlich auf dieser Position zum Einsatz kamen.

 Graphik: xG-Beteiligung, Top 8

Wie auch eine Linie weiter hinten stehen auch auf der zentralen Stürmerposition unterschiedliche Spielertypen zur Verfügung, die gemäß Matchplan und spezifischen Anforderungen einer Partie eingesetzt werden können. Insgesamt ist die Rolle der Stürmer auf die klassischen Funktionen beschränkt, sie spielen nur durchschnittlich viel mit und beteiligen sich auch nicht besonders intensiv am Pressing. Interessanterweise ist der eher nicht als mitspielende Stefan Maierhofer derjenige, der sich am meisten am Spiel beteiligt; er spielt pro 90 Einsatzminuten sogar doppelt so viele Pässe wie Smail Prevljak. Er leistet dementsprechend auch die mit Abstand meisten Torschussvorlagen. Bei den eigenen Abschlüssen gibt es hingegen zwischen Pink, Maierhofer und Prevljak keine signifikanten Unterschiede.

Standards

Die letzte Graphik dieses Beitrags zeigt die erzielten (schwarz) und erhaltenen (rot) Tore pro Mannschaft in der laufenden Saison. Der SV Mattersburg ist dabei in beiden Kategorien ganz vorne dabei, wie auch der LASK und Sturm Graz. Das Paradox, dass ein Team sowohl gut als auch schwach bei  Standardsituationen sein kann, wäre sicher eine detailliertere Untersuchung wert.

Graphik: Tore und Gegentore aus Standardsituationen

Fazit

Der SV Mattersburg wird höchstwahrscheinlich nicht absteigen. Die xG-Differenz (ohne Strafstöße) des Teams ist positiv, man liegt damit auf Rang fünf in dieser Wertung. Dazu hat man sich bereits einen relativ beruhigenden Vorsprung auf den letzten Tabellenplatz erarbeitet. Seit Gerald Baumgartner das Team übernommen hat, weist es einige Merkmale auf, die es von einem Durchschnittsteam der Liga unterscheiden und auch zu einer Bereicherung der Liga machen. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass es durchaus Aspekte gibt, die zu verbessern sind; dazu zählen das Spiel mit dem Ball, das Torwartspiel und die Schwäche bei gegnerischen Standards.

Freitag, 20. Oktober 2017

Ist der LASK-Code geknackt?

Neu in der Liga

 

Nur ein Bundesligasieg in den letzten zwei Monaten, in den letzten sechs Partien nur fünf Punkte geholt. Dazu der Rückfall in der Tabelle von Rang drei auf Rang sechs, nur einen Punkt vor Rang acht. Obwohl der Blick nach unten aufgrund der schwachen Konkurrenz nicht dringlich erscheint, kann man doch davon ausgehen, dass der LASK sportlich auf der Stelle tritt. Dazu zeigt der Trend was Leistungen und Ergebnisse anbelangt nach unten.

Nachdem er letztes Jahr noch durchwegs auf ein System mit Viererabwehr gesetzt hatte, stellte Trainer Oliver Glasner in der Sommervorbereitung konsequent auf eine Dreierkette um, womit er in Ried schon gute Erfahrungen gemacht hat. In dieser Saison ist der LASK damit das einzige Team, das jedes Spiel mit drei zentralen Verteidigern begann. Der Plan, damit erst einmal in der neuen Liga die Defensive zu stabilisieren und sich offensiv weitgehend auf die Stärke bei Standardsituationen zu verlassen, ging vorübergehend auch gut auf. Nach fünf Spielen hatte der LASK gemeinsam mit Salzburg die wenigsten Gegentore zugelassen und lag in der Tabelle auf einem Europacupplatz. Seither bröckelte der Lack jedoch etwas ab und man läuft Gefahr, angesichts der (mit Ausnahme von St. Pölten) durchaus stärkeren Gegner vor der Länderspielpause den Anschluss an das Tabellenmittelfeld weiter zu verlieren.


Graphik 1

Die Gegner scheinen sich auf den LASK und seine Spielweise eingestellt zu haben, was sich in schwächeren Werten was Leistungen und Resultate betrifft niederschlägt (siehe Graphik 1). Während man in den ersten fünf Saisonspielen noch viermal auf mehr als ein xG kam (ohne Elfmeter), war diese seit der sechsten Runde kein einziges Mal mehr der Fall. Auf der Gegenseite ließ man zu Saisonbeginn lediglich in einem von fünf Spielen mehr als ein xG zu, seit Runde sechs hingegen blieb man nur einmal unter diesem Wert. Dementsprechend war die Differenz nach der fünften Runde auch nur in einem Spiel positiv, nämlich in Runde neun gegen Mattersburg. Sonst waren die matten Resultate durchaus ein Widerspiegeln im Vergleich dürftiger Leistungen.

Offensive Flaute


Dazu kommt, dass die offensiv produktivsten Spieler (derzeit) nur wenig zum Einsatz kommen; der leider längerfristig verletzte Rajko Rep ist sowohl absolut (an 3,27 xG beteiligt) als auch auf Einsatzzeit gerechnet (0,68 xG-Beteiligungen pro 90 Einsatzminuten) der offensiv gefährlichste Spieler der Schwarz-Weißen. Mit den gut vier Schüssen, an denen er pro 90 Minuten direkt beteiligt ist, liegt er ligaweit auf Rang 11 (nur Spieler mit mindestens 200 Einsatzminuten wurden gerechnet).
Die nächstbeiden gefährlichsten Spieler Alexander Riemann und Marko Raguz haben jeweils nur etwa ein Fünftel der möglichen Spielzeit absolviert und standen beide lediglich einmal in der Anfangsformation, haben also grundsätzlich Schwierigkeiten, in die Mannschaft zu finden.
Sonst steht und fällt offensiv viel mit René Gartler, der jedoch mit seinen bald 32 Jahren wahrscheinlich schon über dem Leistungszenit ist und noch dazu häufig falsch eingesetzt wird. Zwar kommt er recht häufig in der Gefahrenzone zentral im Strafraum zum Abschluss (acht von zwölf Abschlüssen), wird jedoch zu häufig hoch angespielt. Er gab gut 40% seiner Schüsse mit dem Kopf ab, was unter den Spielern mit 12 abgegebenen Schüssen in dieser Saison nur von den Mattersburgern Maierhofer und Jano sowie dem Wolfsberger Topcagic erreicht wird. Zwar ist Kopfballstärke durchaus, vor allem in Hinblick auf die Standardsituationen, eine wichtige Waffe, und der LASK führt die Wertung der Kopfballtreffer mit deren vier gemeinsam mit Mattersburg und Rapid auch an. Man sollte allerdings aufgrund der geringeren Erfolgsaussichten eines Kopfballs gegenüber einem Schuss mit dem Fuß doch nicht zu exzessiv darauf setzen. So verwundert der recht geringe xG-Wert für einen Stürmer (gut 2 xG-Beteiligungen in der gesamten Einsatzzeit) nicht. Dazu kommen bei Gartler neben den ausbaufähigen eigenen Schüssen die wenigen Torschussvorlagen. Nur drei Mal führte ein Pass von ihm direkt zu einem Torschuss, und diese waren allesamt Fernschüsse mit niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit. Von den Mittelstürmern mit über 500 Einsatzminuten hat lediglich Roope Riski von St. Pölten weniger Schüsse direkt aufgelegt.
Positiv hervorzuheben ist der hohe Wert Peter Michorls, was xG-Beteiligungen betrifft. Mit insgesamt 3,1 erwarteten Toren muss er sich in dieser Kategorie auf seiner Position nur Spielern wie Stefan Schwab und Peter Zulj geschlagen geben.
Dafür, dass der LASK konstant auf eine Dreierkette setzt, die Außenverteidiger also generell im Spiel nach vorne mehr abgesichert sind, ist ihre offensive Kontribution zudem niedrig. Sie leisten pro 90 Einsatzminuten 0,59 Torschussvorlagen, was in der Liga nur von jenen Mattersburgs unterbunden wird. Sie versuchen es zwar häufig mit Hereingaben (mit 2,5 Flanken pro 90 Minuten sind sie die drittfleißigsten Außenverteidiger in der Liga), allerdings dürften diese oft nicht besonders brauchbar sein für erfolgreiche Folgeaktionen. Dazu kommt, dass sie selbst durchaus häufig den Abschluss suchen (mit 0,77 Schüssen pro 90 Minuten am dritthäufigsten), mit diesen Versuchen die gegnerischen Torhüter jedoch nur selten vor Probleme stellen. 76 Prozent ihrer Schüsse werden geblockt oder landen neben dem Tor, was ligaweit wiederum der dritthöchste Wert ist.

Standards


Der LASK ist offensiv eine der gefährlichsten Mannschaften der Liga, was Standards anbelangt (siehe Graphik 2). Die sieben bislang nach ruhenden Bällen erzielten Tore werden nur von der Wiener Austria und Mattersburg erreicht. Der Anteil der Standardtore an allen erzielten Tore ist bei den Schwarz-Weißen der mit Abstand höchste (knapp 54%, sonst kommt kein Team auf mehr als ein Drittel). Bei dieser Stärke gibt es jedoch zwei Probleme: Erstens ist die Mannschaft auch defensiv oft in Standardtore verwickelt, und zweitens nimmt auch das Ausmaß des Vorteils seit Saisonbeginn ab.

Die Linzer kassierten ihrerseits bereits sechs Gegentore nach Standardsituationen, was ein unterdurchschnittlicher Wert ist. Lediglich Mattersburg ist mit sieben derart erhaltenen Toren noch schwächer unterwegs. Auch der Anteil ist vergleichsweise hoch (42,9% ) und wird wiederum nur von Mattersburg unterboten. Hier ist also definitiv Verbesserungsbedarf gegeben.


Graphik 2

Zudem nimmt die Stärke bei eigenen Standards in der Offensive im Lauf der Saison immer mehr ab. Wurden noch fünf der sechs Tore in den ersten fünf Runden auf diese Weise erzielt, gelang dies seither nur noch zweimal. Das ist zwar einerseits positiv zu deuten, da die Abhängigkeit von erfolgreichen Standards früh in der Saison schon besorgniserregende Ausmaße annahm, zeigt aber andererseits auch, dass die Spielweise der Linzer mit der Zeit immer besser entschlüsselt wurde.

Zudem scheinen sich auch die Gegner generell besser auf die hohen Zuspiele in die Gefahrenzone eingestellt haben; während sich die Stahlstädter in den ersten fünf Runden noch 0,43 xG per Kopf pro Spiel erarbeiteten, wurde dieser Wert in den folgenden sechs Partien beinahe halbiert (auf 0,28). Alle vier Kopfballtreffer der bisherigen Saison gelangen dem Aufsteiger in den ersten drei Runden. Dennoch flanken die Linzer weiter munter darauf los; der Schnitt hat sich bei etwa 17 Flanken pro Spiel eingependelt. Die 4,49 Flanken pro 100 gespielten Pässen sind zudem der dritthöchste Wert der Liga, hinter den ebenfalls sehr auf physisch präsente Stürmer, die mit hohen Bällen von der Seite ins Spiel gebracht werden sollen, setzenden Teams Wolfsberg und Mattersburg. Gerade im Vergleich zu letzterem Team hat der LASK allerdings einen deutlichen Größennachteil. Die drei Mittelstürmer der Burgenländer (Maierhofer, Bürger und Prevljak) sind im Durchschnitt über sieben Zentimeter größer als die der Oberösterreicher (Gartler, Berisha und Raguz). Da verwundert es kaum, dass die Linzer Stürmer auch weit weniger Luftzweikämpfe gewinnen (38%) als die Mattersburger (56%). Auch in dieser Hinsicht wäre also eine Strategieadaptierung anzudenken.

Pressing und Umschaltspiel


Generell spielt der LASK durchaus passables Pressing, die Sozialisierung des Linzer Trainers in der Red Bull Fußballschule scheint zu wirken. Mit Ausnahme der Salzburger lässt kein Team der Liga eine niedrigere gegnerische Passquote zu als die Linzer (70,1%). Dies lässt auf durchaus funktionierende Mechanismen schließen. Was die Pressingintensität (eigene Defensivaktionen pro Minute gegnerischer Ballbesitz) anbelangt, sind die Linzer jedoch nur unterdurchschnittlich (1,28; weniger aktiv im Pressing sind nur St. Pölten, Wolfsberg und die Wiener Austria). Die Glasner-Elf setzt also prinzipiell eher auf Verschieben und Anlaufen, um den gegnerischen Spielaufbau zu unterbinden, denn auf direkten Gegnerkontakt. Dazu passt auch die vergleichsweise geringe Mengen an Fouls (die drittwenigsten der Liga) und gelben Karten (die zweitwenigsten), mit denen die Linzer auskommen.

Dies hat jedoch seinen Preis, vor allem im eigenen Verteidigungsdrittel. Zwar lässt der LASK nicht allzu viele Torschüsse (136, die fünftwenigsten der Liga) und xG (15,9 gegenüber 14 Gegentoren) zu. Von den Torschüssen, die den Gegnern dann gewährt werden, kann man jedoch nur knapp jeden fünften (18,4%) blocken, der niedrigste Wert der Liga. Demgegenüber landen 71,3% davon am oder im Tor von Pavao Pervan, der höchste Wert aller Teams. Eine frühere aktive Verteidigung, was insbesondere auch eine verstärkte Einbindung der Mittelstürmer im Spiel gegen den Ball beinhaltet, wäre ein weiterer Schritt, um die Mannschaft auf einem höheren Level zu stabilisieren. Man hätte aufgrund der höher eroberten Bälle weniger Notwendigkeit, gegnerische Schüsse zu verteidigen und dafür die Möglichkeit, selbst schneller zum Abschluss zu kommen. Dadurch könnte man selbst mehr Chancen kreieren, ohne notwendigerweise den derzeit einseitigen eigenen Spielaufbau (kein Team spielte bislang mehr lange Pässe als die Linzer) massiv trainieren und umstellen zu müssen.


Graphik 3

Dazu muss jedoch auch das eigene Umschaltspiel verbessert werden. Kein Team schaltet derzeit in der Liga so langsam um von Defensive auf Offensive wie der LASK (siehe Graphik 3). Pro Torschuss spielt man etwa 38 Pässe, was mit Abstand Rang 1 in dieser Wertung bedeutet. Dies ist umso bedenklicher, als die Linzer wie wir gesehen generell auf Direktspiel setzt, wie der hohe Anteil an langen Pässen (24%) zeigt. So liegen hinter den Schwarz-Weißen auch die beiden Wiener Klubs, die weit mehr auf Ballbesitzspiel setzen und dementsprechend logischerweise in der Wertung eher weit vorne zu erwarten sind. Für eine Umschaltmannschaft spielt der LASK zugespitzt gesagt also zu wenig beziehungsweise zu langsamen Umschaltfußball. Dazu passt, dass man mit bisher lediglich zwei Kontertoren nur um eines mehr als das Schlusslicht dieses Rankings (Altach) erzielt hat. Wer es nicht probiert, kann auch nicht treffen.

Fazit


Natürlich ist die Saison, die der LASK bislang spielt, nicht komplett übel und er wird auch keineswegs Gefahr laufen, beispielsweise in Abstiegsnöte zu geraten. Dafür ist die Lücke zum einzigen wirklichen Abstiegskandidaten zu groß. Allerdings kann man von einem Team mit einem relativ teuren Kader (fünfthöchster Durchschnittsmarktwert, also best of the rest nach den großen Vier) und dem Bonus, den die Aufsteiger der letzten Jahre meist hatten, doch mehr erwarten als "nur" eine sorgenfreie Saison zu spielen. Wie diese Zeilen zeigen, gibt es durchaus konkrete Anhaltspunkte, wie das Spiel der Linzer verbessert werden kann; ein Weggehen von der offensiven Abhängigkeit von Standardsituationen (idealerweise ohne die Gefährlichkeit dabei zu verlieren), mehr strategische Variabilität und Verbesserung des Umschalt- und Kontersspiels sowie höheres und aktiveres Verteidigen könnten dabei helfen, die Linzer auf die nächste Stufe zu hieven.