Dienstag, 1. Dezember 2015

Wolfsberg war nicht so schlecht, wie es der Tabellenplatz aussagte

Der letzte Tabellenplatz sei ausschlaggebend gewesen für den Trainerwechsel, sagte WAC-Präsident Riegler zu dessen Gründen. Man habe nicht so schlecht gespielt, letztlich aber die Ergebnisse nicht eingefahren und deshalb auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht. Das Ruder herumzureißen und wieder bessere Ergebnisse einzufahren, traute man Coach Kühbauer nicht mehr zu, weshalb er durch Heimo Pfeifenberger ersetzt wurde. Diese Entscheidung scheint durch den klaren Sieg bestätigt zu werden. Was allerdings nach Trainereffekt aussieht, ist vielmehr ein typisches Beispiel der Regression zur Mitte, gleichermaßen für Wolfsberg wie für die Admira. Wie einige Zahlen zeigen, waren die Ergebnisse der Kärntner schlechter, als sie aufgrund der gezeigten Leistungen sein sollten, holte die Admira weit mehr Punkte als man aufgrund ihrer Leistungsdaten erwarten sollte. Solche Glücks- oder Pechsträhnen tendieren dazu, nicht besonders nachhaltig zu sein und nach einiger Zeit wieder zu enden, wonach sich die Ergebnisse wieder im Bereich ansiedeln. 

Die erste Graphik zeigt die Teams der Liga gemäß ihrer bisherigen Schussstatistiken. Schüsse und ihre Qualität sind einer der wichtigsten Prädikatoren zukünftiger Leistungen, weshalb diese Analyse am meisten über das bisherige Leistungsniveau der Klubs, unabhängig von Toren und Punkten, aussagen kann. Das linke Diagramm vergleicht alle abgegebenen und zugelassenen Schüsse der zehn Vereine, während das rechte nur diejenigen aus der Gefahrenzone (bis zur Strafraumlinie verlängerter Fünfmeterraum) berücksichtigt, die eine weit höhere Wahrscheinlichkeit haben, im Tor zu landen, und deshalb besonders wertvoll sind (siehe auch mein letztmonatiger Beitrag zum Thema Schusslokalisierung, in dem ich übrigens bereits einmal den Klassenerhalt des WAC prophezeite). Berücksichtigt wurden nur die ersten 16 Runden der Liga (also vor dem Trainerwechsel). Die vertikalen und horizontalen Linien zeigen ligaweite Durchschnittswerte an, die Daten des WAC sind jeweils rot hervorgehoben.

Graphik 1
Bei allen abgegeben Schüssen ist Wolfsberg ein ziemlicher Mittelständer. Man gibt knapp unterdurchschnittlich viele Schüsse ab, lässt allerdings auch weniger zu als das durchschnittliche Bundesligateam. Aus der linken Graphik lässt sich ablesen, dass der WAC bislang in etwa am fünftbesten spielte. Bei den Schüssen aus der Gefahrenzone ist der Befund etwas differenzierter. Hier zeigt Wolfsberg unter Kühbauer vor allem defensive Schwächen und lässt die viertmeisten Schüsse zu. Allerdings war man auch in dieser Hinsicht offensiv stark und liegt über dem Ligaschnitt. Es zeigt sich also, dass Wolfsberg keinesfalls das schlechteste Team der Liga ist, also zu Unrecht am Tabellenende steht. Natürlich ist Fußball generell ein ungerechter Sport, allerdings sind noch genug Spiele zu absolvieren, in denen die Ergebnisse sich weiter den Leistungen anpassen können.

Graphik 2
Dennoch steht der WAC hinten drinnen und rittert gegen den Abstieg, der wohl auch die Admira, Grödig und Altach bedroht (Mattersburg wird es dieses und nächstes Jahr nicht erwischen, wenn das bisherige Muster der Aufsteiger anhält). Wie performte das Team allerdings im Vergleich mit den direkten Konkurrenten während Kühbauers Amtszeit? Es könnte ja sein, dass auch die Konkurrenz hauptsächlich unter den eigenen Möglichkeiten spielte und Wolfsbergs "Vorteil"dementsprechend keiner wäre. Die Antwort darauf geben die Graphiken 2 und 3. Diese zeigen den Längsschnittsverlauf der beiden Leistungsindikatoren STR und TSR der vier am Abstiegskampf beteiligten Klubs, jeweils in den Vereinsfarben. In beiden Fällen zeigt sich, dass der WAC von den vier Teams ab Runde sechs, also sobald die Daten eine gewisse Aussagekraft haben, immer das beste oder zweitbeste Team war. Bei der TSR lag man sogar als einziges Team knapp im positiven Bereich. Es ist auch bei beiden kein klarer Trend nach oben oder unten zu beobachten, die Leistungen der Lavanttaler stagnierten also weitgehend nach Runde neun. Die Unterschiede zwischen den Teams sind zwar auf den ersten Blick marginal, können im Laufe des Abstiegskampfes, in dem einzelne Tore meisterschaftsentscheidende Bedeutung haben können, große Auswirkungen haben.

Graphik 3
Warum also lag und liegt der WAC also ganz unten in der Tabelle? Diese Frage beantwortet Graphik 4. Sie zeigt den zeitlichen Verlauf des PDO-Werts der Kärntner. Er liegt während der ganzen Saison konstant und relativ weit unter 1 (bzw. 1000), also schlechter als der Ligaschnitt. Dies zeigt an, dass die Anzahl an eigenen Schüssen, die ins Tor gehen, niedriger ist als die der gegnerischen. Ob das an Pech oder Zufall liegt oder eher tiefergehende Ursachen hat, kann nicht abschließend gesagt werden. Die Tatsache, dass Wolfsberg allerdings ganz gute Torchancen herausspielt, wie Graphik 1 zeigt, und nicht allzu viele davon zulässt, weist jedoch durchaus darauf hin, dass bei der Entstehung der bisherigen Ergebnisse Pech eine durchaus nicht vernachlässigbare Rolle gespielt hat. Diese Rolle wird mit der steigenden Anzahl der Spiele schrumpfen, was zwar nicht heißt, dass ein Abstieg der Kärntner unmöglich ist, aber doch weit weniger unausweichlich, als man den Äußerungen des Präsidenten glauben könnte.

Graphik 4
Wolfsberg wäre in der Tabelle wohl wieder nach oben geklettert, ob mit oder ohne Trainerwechsel. Die Schussdaten der Kärntner sind zu stark, als dass sie die gesamte Ligasaison hindurch gegen den Abstieg spielen müssten. Umgekehrt stehen Grödig und der Admira noch schwere Zeiten bevor. Wie allerdings Didi Kühbauer nicht allzu viel Anteil am letztjährigen Höhenflug des WAC hatte (damals stand man beispielsweise bei einem PDO von 1150, nachdem man in Runde 8 die Tabellenführung übernommen hatte), so kann man ihm auch den Negativlauf bis zu seiner Entlassung nicht besonders vorwerfen. Er wurde also für Dinge gefeuert, die weitgehend außerhalb seines Einflussbereiches waren. Und das ist tatsächlich ein Problem.

Samstag, 21. November 2015

Clásico analysis: Rafa risked and lost

In the end, Rafa Benítez tried to get the best of both worlds. He opted for a line-up which included all his most powerful offensive players, the BBC as well as James. This decision was risky in two ways: first of all, he had to drop Casemiro, the player who had provided cover for the more creative midfielders Kroos and Modric and the more advanced ones in the previous games. This meant that although there were more attacking players in the team, they also had to fulfil more defensive duties, a task in which most of them did not shine in tonight's game. Secondly, the decision to field three players (James, Bale and Benzema) who were not fully fit during the last weeks (especially the frenchman, who had not played since the start of October) carries the risk of having too many players who are not yet at their peak performance level in physical terms, which might especially harm high pressing efforts. He took these risks because he obviously wanted to have enough attacking power on the pitch in order to exploit possible weaknesses and because he trusted in his players and their defensive contribution, which would have been necessary to maintain the compact block he wanted his team to defend Barcelona's offensive efforts. This failed utterly; his team neither managed to create a lot of danger for the opponent's goal except in some periodes in the second half when the game already was decided. On the other hand, the fact that four of his players played only marginal roles in the efforts to win the ball back when Barcelona had it meant that his defensive four and the two central midfielders were often uncovered and outnumbered by the sheer attacking power of Barcelona. Benítez, who tried two make the best out of the two options he had (giving up elements of his playing style in order to counter the Barcelona threat, as Mourinho did, or maintaining the general style, like Ancelotti) which I have described earlier today, gambled and lost. He got neither.

His counterpart Luis Enrique did not take as much risk as Benítez. He could have fielded Messi, who like some of Madrid's starters had not played in a while, but decided to bench him and bring him on in the second half. His role was taken by Sergi Roberto and not like more often in the previous weeks by Munir. The rest of the usual 4-3-3 formation contained no surprises. To be fair, Enrique was also in a more comfortable position than Benítez; his team was three points ahead, therefore a draw would have been a result they could have lived with, meanwhile Benítez was under pressure to win to minimize the difference in points between the two teams. 

Line ups
The idea of Benítez was in general to defend compactely and let blau-grana have possession. When Barcelona was consolidated in possession, the block should retreat and not exercise pressure on the ballplaying opponent until about 35 meters in front of their own goal. Only in certain situations, for instance after goal kicks which were taken short and after possession losses in high and wide areas did Madrid try to win the ball back farther away from their own goal and applied some measures of counterpressing. Since this was not well-structured, they managed only seldom to create superiority in numbers and Barça was usually able to exit these situations without getting into danger of losing the ball or exposing their own goal. The general approach of winning the ball back in deeper zones had the effect that Barcelona controlled possession as was to suspect before the game. The value (55.9%) is itself a bit misleading because it was altered a lot after the game was decided, when Barcelona decided to sit a bit deeper and let Madrid have more of the ball. During the first twenty minutes of the game, Barcelona had 70% of possession, which is a better indicator of the real strength of both teams in today's encounter. 
 
The difficulty was that only six to seven players actively participated in the defensive efforts. Bale was the first pressing player when Barcelona built up play from their back four during most of the first half. During the opening minutes of the game Cristiano joined Benzema as a second striker when Madrid tried to press high (seldom enough), but Benítez switched Bale from the left flank in this 4-4-2 formation against the ball into the second striker role, moving Cristiano back into midfield after about 15 minutes. With either partner, Benzema was barely involved in pressing. If this was due to his lack of fitness or a tactical instruction of his coach is hard to judge, but his general low inclusion into his team's actions indicates the first option. He only played 18 passes during the game, the lowest number of any player on the field who played the full 90 minutes and six less than his own goalkeeper. When Barcelona got over this first pressing line, which was usually the case, Madrid retreated into deep positions as already outlined above. However, since Bale and Benzema were already ahead of the ball and Cristiano was usually not participating in defensive actions at all, Madrid had only seven players left to stop Barcelona's attacks. Of what should have been a narrow and compact 4-4-2 formation, only an asymmetric 4-3 cripple was left (see next picture). The result was that they were easily outnumbered, especially in central areas. The situation was too much for the two central midfielders, that is why a safety-first line up (including Casemiro) would probably have been the better choice for this game. The team tried to balance these weaknesses by single players (especially central midfielders and centre backs) leaving the formation occasionally in order to obstruct passing or ball reception, but this was seldom effective and most of the time only left even more holes in their formation which Barcelona were able to exploit, especially in the cases of the first and third goal.

Defensive shape of Real Madrid. Cristiano is not in position, leaving a lot of space exposed in his back. He obviously is waiting for his teammates to win the ball back and send him a long pass but does not participate in defensive actions. Kroos and Marcelo have to cover additional space, the whole team tends to get stretched and outbumbered. Bale had moved to a deeper position in pressing after halftime.
When in possession, Madrid usually looked for the first pass to be played long, especially after experiencing Barcelona's sophisticated pressing from early on in the game. They seldom managed to play the ball with shorter passes into the opponent's half. If so, they preferred to play in central areas until entering the attacking third, in which they usually played the sideway pass. 40% of their attacks came from their right side, due to the fact that on this side, James usually stayed on his position and received support by the vertical Danilo, meanwhile Marcelo on the other side was most of the time on his own because of Cristiano's regular runs into central positions. These runs were certainly part of their strategy. When they managed to build up their play from behind, Benzema tended to drop deeper and leave space behind him, which Cristiano was to exploit. This strategy was however not successful since Barcelona simply overloaded central areas (see the clear difference between both teams) personally and obstructed precise passes into these zones. They left Madrid effectively only three options: dribblings, long balls and crossings from wide areas. Madrid crossed excessively (27 times, of which five intents found a teammate) and played more long balls than usually this season (16% in comparison to 10% on average in the previous season), but found no effective way of getting behind the Barcelona defence until the game was decided. The main reason for this was (besides too large distances between the players, which were effectively covered by Barcelona, and the use of unefficient strategies such as crossing and long balls) was that their movement patterns were too static and too much focused on central areas. Once in the first half, Modric moved rightwards and allowed James to move centrally which resulted in the biggest chance of Madrid in the first half. But in general these complex moves were rare.
 
Barcelona on their behalf clearly had the plan to actively intercept Madrid's build up play from early on. They pressed centre backs and central midfielders aggressively by attacking them directly and trying to close passing lanes. The intent was to let them no other option than the long ball forwards. The most common pattern was for the central midfielders to move forwards and support the lone striker Suárez in his pressing attempts. The wingers dropped deeper and controlled the space between the ball and the opponent full backs (and any other player which would have dropped or moved sidewards). Neymar was especially active in defensive actions in the first half, played only 16 passes during the first 45 minutes but it was due to him that Madrid were not able to use their right side effectively. The holding midfielder Busquets provided cover in case the first pressing attempt failed, meanwhile the back four stayed on the same height and tried to minimize the space between the lines. When Madrid managed to get through the first line of pressing, Barcelona tried to form a central compact formation with all of the players in their own half. The result of their efforts was considerable. They forced Madrid's back four into a lot of unprecise passing. Every one of the five defensive players which played today (including Carvajal who came on for Marcelo) had a lower pass completion rate than in the first eleven games of the season. The worst case was Varane, who dropped from his usual rate of almost 92% to an embarassing 72%.
 
Typical Barcelona pressing moment. The wide player farer away from the ball (in this case Neymar) moves inwards, but stays approximately as high as his counterpart, meanwhile the central midfielders and the central striker exercise pressure on the ball playing opponent and the players around him.
Unlike in previous years, Barcelona use their aggressive pressing not only to win the ball back and circulate it afterwards, but actively exploit transition moments through vertical play. They are however still one of the best teams in the world when in possession and showed that they can use these qualities even if their best player is sitting on the bench. When in possession, their full backs moved up high the pitch in order to provide width. The wide midfielders Neymar and Roberto were allowed to run or dribble diagonally in order to exploit central spaces which Madrid's bad positioning had exposed. The two central midfielders displayed different behaviour in these phases. Meanwhile Rakitic usually ran forward to additionally enter the space which Cristiano should help defend, Iniesta was way more active and made also a lot of horizontal runs to the left flank, from which he would often play long diagonal balls into the free space. This helps explain why Barcelona, which before displayed a very even distribution of attacks from the centre and down both sides, attempted 42% of their attacks in this game from their left side. In central midfield positions, they tried to move forward using quick passing combinations before incorporating the three players highest up the pitch, often giving their counterparts lectures in one-touch football. This explains their high amount of passes played (50 more than in the previous games on average). Suárez on his part also covered a lot of space and frequently moved from central positions into the halfspaces, especially when the wide players were moving into central positions in order to stretch the opposition back four. Before the first goal he was therefore able to exploit one of the runs Ramos had made, leaving his position in the back four, and could finish almost without being disturbed. 

To be honest, the game was more or less over at half time. Benítez tried to save the game by letting his team attack higher up the pitch while at the same time moving Bale back in pressing in order to let Barcelona have less space in build up play, but he was unable to effectively correct the errors of the first half. Instead of moving Cristiano to the centre a let some other player fill the position he was barely found in, Benítez let Marcelo (later Danilo) and Kroos struggle with way too much space to cover for another half. Barcelona quickly castigated Madrid with another two goals which were a result of Madrid's back four getting out of position too easily, meanwhile Madrid managed to create some chances afterwards without scoring one. Bravo occupied the role which was reserved for Navas earlier in the season and made some magnificent saves, but overall Madrid was never close to Barça in terms of shot quality, despite a final STR of 0.5. Only in the 68th minute did Real Madrid counter for the first time successfully in the game. 
 
Some interesting details in the second half were Messi's deep role, who played almost the same position as Rakitic who he had replaced, before temporarily moving into a higher position, which turned the formation of Enrique's team basically into a flat 4-4-2, the one Benítez would have wanted his team to play in when out of possession. On the other side of the pitch, Carvajal showed that when fully fit he should be the first choice for right back in Madrid, given that he offered much more diagonality to the team than Danilo who most of the time ran down and back the side line. As a result, Carvajal was involved in two shots (one taken by himself plus one key pass) in little more than half an hour of play, meanwhile Danilo was involved in not a single one during the whole game.

In the end, Benítez gambled and lost. Enrique's side pointed out their weaknesses and shoed no mercy in exploiting them. The title race is perhaps already over after less than one third of the season. The question remains whether Benítez is given the chance to correct these errors or if he is himself blamed as part of the problem and sacked correspondingly, as some Spanish media already suppose. This would make his first Clásico as a coach also his last. His only positive thought tonight might be that José Mourinho suffered a similar debacle in his first game in charge in Madrid against Barcelona but had the opportunity to build the team of records which won the liga the following season, the last league title for Madrid so far.

Clásico preview: two ever-closer teams?

Ahead of tonight's clash between probably the two best teams in the world, there are still some issues which are open and up for an educated guess. Besides some personal issues (for instance concerning the state of James or Messi), one of the most interesting questions will be how both teams will start the game in tactical and stylistic terms. Times in which the games between these two clubs were not only battles of club culture and transfer philosophies but also of playing styles are over. Instead, both clubs have come closer in certain aspects, for instance in terms of transfer spending. A closer analysis of some KPI of the last eight liga clásicos shows that this process also takes place in terms of playing style. Meanwhile the games between the clubs when coaches of the likes of Mourinho and Guardiola were in office were marked by a strict antagonism of reactive and rigid, transition-based football applied by Real Madrid and the uncompromising possession football of Guardiola's Barça, changes of managers have led to the evolution of both clubs' playing style away from the ideal points in the continuum between possession- and transition-based football.

In the first four of these eight games, in which Real Madrid were still under the command of José Mourinho, Barcelona clearly dominated possession. They never had less than 60% of it, the values in games against Real Madrid were furthermore only slightly lower than in all the other games. Mourinho did in other words normally not try to obstruct Barcelona's usual style of play but was happy to let them take the initiative, let his own team sit deep and wait for the opponent's errors in order to exploit them rapidly. His team played on average only slightly more than 300 passes in these four games, way below the average value in these two seasons (538 in 2011/12 and 478 in 2012/13, respectively). He adapted his own tactics while not trying to force Barcelona into adapting theirs. At least in these four games, his approach was quite successful; Madrid won two of them and lost only one. Aggregate TSR and STR values of these four games (0.57 and 0.59 in favour of Real Madrid) also show that success in these games was not down to luck, but in general the tactics employed by Mourinho's Madrid were effective in containing Barcelona's attacking power. 

The pattern since then has changed. The number of passes played by Real Madrid in direct duels has risen constantly, meanwhile that of Barcelona declined steadily. In other words, Madrid under Mourinho's successor Ancelotti adapted a more active style in trying to have more of the ball and at the same time destroying Barcelona's game earlier and higher up the pitch. Although they still played less passes against their rivals than against other teams on average with a slightly lower success rate, they also allowed them to play less passes. Graph 1 shows this development, using as indicators the percentage of all passes in the respective game played by Real Madrid and the team's pass success.

Graph 1
Data shows the important differences between Mourinho's and Ancelotti's sides. Meanwhile in the four earlier games Real Madrid played 30 or less percent of all passes in all but one game, they played less than 40% only in one of the latter games. Similarly, passing success was constantly below 80% under Mourinho's mandate but only once while Ancelotti was in office. Again, Madrid also had a higher pass rate under Ancelotti in all other games than under Mourinho, but differences were only minor in those, meanwhile it dropped sharply when facing Barça under Mourinho's reign and much less under Ancelotti's. Interestingly, Ancelotti's approach in games against the rival did not turn out to be as successful as Mourinho's pragmatism. His team won only one game and lost the remaining three, a much worse balance than his predecessor's. Like results, also performance indicators had declined in comparison to the four games under Mourinho (TSR to 0.47 and STR to 0.53).

Pass success rate is among other factors (such as passing skill of the passer, the positioning of his team mates, height and intensity of the opponent's pressing, etc.) strongly dependent on the length of passes played. Simply put, the longer a pass is, the lower the probability it is completed, since the difficulty of placing it correctly increases with distance. The data of graph 1 lets one suppose therefore that Real Madrid also played more short passes in direct confrontations with los culés in the latter games than when Mourinho was in charge. 

Graph 2 confirms this hypothesis. In each of the games under Mourinho, at least one in five passes was longer than 25 yards. In one game, the rate was even below 70%, although in general Mourinho did not take a long ball approach. In all games, the rate of passes shorter than 25 yards was slightly below 90%. This underlines again the altered approach Mourinho usually opted for against Barcelona. In line with the reliance on deep defending and quick counter attacks, his team did not waste a lot of time trying to keep the ball in possession, but rather tried to pass it quickly into more dangerous zones after winning it back in their own half. Under Ancelotti, the rate was below 80% under once and almost reached 90% in his second year. In other words, the style of his team against Barcelona in terms of passing was almost undistinguishable from the one in games against other opposition.

Graph 2
On the other hand, the curve of Barcelona is much smoother than the one of their counterparts. Under Guardiola's successor Tito Vilanova (games 3 and 4), they played even more short passes, while the rate during the respective first game under the following coaches Martino and Enrique. 

Since it is relatively hard to determine whether these statistics are based solely on altered approaches in single games (although it is likely) or down to a more profound evolution of a team's playing style and in order to put them in context, graph 3 shows a comparison of some of the style-relevant indicators over the full seasons. The values were calculated by dividing Real Madrid's average by Barcelona's. Hence, if the value is below one, Barcelona displayed a higher value in comparison to their counterparts and vice versa. 

Graph 3
Indeed, values in 19 out of 20 observations (four KPI in five seasons) are below one, hence Barcelona performed "better" in these terms than Real Madrid. There is however an interesting development going on. Additionally, differences are not equal among KPI. The lines of pass success and the percentage of short passes are relatively constant and not much below one, i.e. the differences between Barcelona and Real Madrid were only minor and did not change a lot during the last four seasons and the current one. The differences in possession and passes per game are much more pronounced and volatile. If we look at the evolution of the differences over time, we observe a trend towards 1 for all indicators. In other words, the teams are becoming more similar in terms of playing style in the long term. The value of each indicator is higher in this season than they were in 2011/12, the last one in which Real Madrid managed to win the league. There was a sharp decline for all indicators in the following season, the last one under Mourinho, and a smaller one between the first and second season under Ancelotti. The long-term development is in any case upward. Under their new manager Benítez, Real Madrid manage for the first time a better pass success rate than their Catalan counterparts, although values for this season are still based on a quite low number of games. The game tonight will show to which dimension the positive trend in this season is down to substantial development.

What can we then take out of these findings and expect for tonight's game? Despite the ongoing trend of harmonization of the teams' playing style, it is still the case that Barcelona tend more towards a possession-based football style. They had more of the ball in all of the last clásicos and will probably do so today as well. In line with last year's games, their amount of possession will however be most likely between 50 and 55% and not above 60. Both teams will play roughly the same percentage of their passes short and have more or the less the same pass success rate. The biggest unknown besides the fitness level of some key players is Rafa Benítez, who will coach in a clásico for the first time and won only four out of his eleven games as a coach against Barcelona. His regularly underlined focus on his teams' balance indicates that he might be more of a pragmatist in the sense of Mourinho than an Ancelotti-like idealist when it comes to facing Barça. In this case, it would not be too surprising if he decided to play Casemiro, benched two of his galactic offensive players (probably Isco and James) and ordered his team to stay deep and narrow, exploiting Cristiano's and Bale's pace in offensive transitions. His team's numbers are however the most similar to Barcelona of any Madrid team of the last years, which is why he might also opt for a more proactive approach tonight. What is clear is that the game will no more represent a clash of football style civilization as it did some seasons ago.

All data extracted from whoscored.com.


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Samstag, 17. Oktober 2015

Schusslokalisierungen: Eine erste Annäherung

Um Tore zu erzielen, muss man den Ball auf das Tor schießen. Eine recht triviale Einsicht, die jedoch einigen Raum für weitergehende Analysen lässt. Zum Abschluss zu kommen ist ein guter Indikator, um die Leistung eines Teams einzuschätzen, sowohl in einzelnen Spielen als auch über einen längeren Zeitraum gesehen. Modelle, die Mannschaften aufgrund ihrer abgegebenen und zugelassenen Schüsse einschätzen, sind, wie viele Untersuchungen gezeigt haben, valider als solche die auf einfachen Statistiken wie Toren oder Punkten basieren. Methoden basierend auf Leistungsindikatoren wie TSR, STR und xG (Expected Goals) werden zunehmend herangezogen, um die Leistung von Teams unabhängig von den nackten Ergebnissen zu beurteilen und mögliche Divergenzen zwischen den sportlichen Leistungen und dem Abschneiden in der Tabelle zu erklären.

Nach knapp einem Drittel der Meisterschaft lügt die Tabelle natürlich noch (sie tut es aus statistischer Sicht gesehen auch noch nach 36 Runden, aber das sei einmal dahingestellt) in dem Sinn, dass Glück und Zufall beim Zustandekommen der Ergebnisse, die zur derzeitigen Konstellation führten, wahrscheinlich eine nicht vernachlässigbare Rolle gespielt haben. Die Tabelle bildet daher unter Umständen die wahre Leistungsstärke der Teams nur unzureichend ab. Eine Analyse der Schussstatistiken, ihrer Häufigkeiten und ihrer Lokalisierung ist deshalb dazu geeignet, sich der wahren Performance der Teams anzunähern und etwaige Unterschiede zwischen Leistung und Punkten aufzuzeigen. Zusätzlich kann darauf eingegangen werden, was die bisher erfolgreichen Teams gut gemacht haben und wobei es bei den derzeitigen Nachzüglern hapert.

Bereits vor einigen Wochen, nach neun Runden, also dem Viertel der Meisterschaft, habe ich auf Twitter einige Statistiken verbreitet, wozu auch Schussstatistiken zählten. Eine der überraschendsten Erkenntnisse damals war, dass sowohl TSR als auch STR Sturm Graz als bestes Team der Liga auswiesen, was wohl sehr viele Zuseher eher bezweifeln würden (mittlerweile hat Salzburg die beste TSR der Liga, bei der STR liegt aber weiterhin Sturm in Front). Sturm profitierte dabei vor allem von der starken Defensive, die ligaweit die mit Abstand stärkste war, was Schussstatistiken betrifft. So hatte man in den ersten neun Runden nur je drei Schüsse aufs Tor pro Spiel zugelassen; im Spiel nach vorne hatte man jedoch gegenüber Salzburg das Nachsehen. Auf der anderen Seite war auffallend, dass Admira und Altach die ungefährlichsten Teams der Liga waren und als einzige keine dreistellige Anzahl an Schüssen abgegeben hatten. Der Unterschied in der Tabelle zwischen diesen beiden Teams ist also bemerkenswert, umso mehr als sie sich in Bezug auf die zugelassenen Schüsse nicht grob voneinander unterschieden. Ebenfalls von Interesse waren die Daten von Aufsteiger Mattersburg, das bei der offensiven Produktion recht ordentlich abschnitt, defensiv jedoch das Scheunentor der Liga war und in den ersten neun Runden im Schnitt mehr als sechs Schüsse aufs Tor zuließ (die Daten haben sich angesichts zweier eher desolater Spiele in den folgenden Runden nicht verbessert).

Seitdem sind die Befunde nicht gravierend anders geworden, haben sich allerdings ein wenig verschoben. Graphik 1 zeigt mit aktuellen Daten den Zusammenhang zwischen abgegebenen Schüssen und erzielten Toren. Salzburg ist weiterhin vor Sturm das Team mit den meisten abgegebenen Schüssen, die Admira ist weiterhin Schlusslicht in dieser Kategorie. Altach hingegen hat stark aufgeholt und nähert sich bereits den beiden Wiener Großklubs an.

Graphik 1

Die Graphik erlaubt auch, die Schussverwandlungsrate der Teams abzulesen und zu vergleichen. So hat beispielsweise Schlusslicht Wolfsberg insgesamt zwei Schüsse mehr als Tabellenführer Rapid abgegeben, jedoch weit weniger davon im Tor utnergebracht. Altach wiederum hat gleich viele Tore wie Sturm Graz erzielt (zwölf), allerdings dafür 38 Schüsse weniger gebraucht. 

Das Problem daran ist, dass die Rate, mit der Schüsse in Tore umgewandelt werden, für Teams alles andere als stabil ist. Insgesamt endeten knapp 11% der Schüsse als Tore, was ein erwartbarer Wert ist. Einzelne Teams weichen derzeit noch von dieser Rate ab, werden sich ihr wahrscheinlich im Laufe der Saison noch annähern, zum Guten und zum Schlechten. So ist es beinahe unmöglich, dass die Admira ihre Rate von 16,5% über die gesamte Saison beibehalten wird können. Sobald sie auf einen realistischeren Wert sinkt, wird auch der Höhenflug in der Tabelle wahrscheinlich ein Ende haben und die Admira nach unten rutschen. Auch Mattersburg, Rapid und mit Abstrichen die Austria sind von einem ähnlichen Abfall bedroht. Ried (5%), Sturm (7%) und Wolfsberg (4%) hingegen können darauf hoffen, dass sich die Regression zum Mittelwert im Laufe der restlichen Saison in der Tabelle zu ihren Gunsten auswirken wird. Die sonstigen Teams Altach, Grödig und Salzburg liegen in etwa dort, wo ein durchschnittliches Team bezüglich Schussverwandlungsrate erwartungsgemäß liegen würde, mit etwas Luft nach oben für Altach und nach unten für die beiden Salzburger Klubs.

Die bisherigen Überlegungen behandelten alle Schüsse gleich, ganz gleich, von wo sie abgegeben wurden. Nun ist allerdings offensichtlich, dass diese Annahme verzerrt ist. Ein Schuss aus vierzig Metern nahe der Seitenlinie ist was Gefährlichkeit für das gegnerische Tor, also die Wahrscheinlichkeit, zum Erfolg zu führen, betrifft doch wesentlich anders einzuordnen als ein Schuss knapp vor dem Tor aus zentraler Position. Basierend auf diesen Annahmen und weiteren Parametern (beispielsweise ob Schuss mit dem Kopf oder dem Fuß, Art des Assists, etc.) weisen xG-Modelle jedem Schuss eine gewisse Wahrscheinlichkeit zu, im Tor zu landen. 

Ich setze ein ähnliches, jedoch etwas simpleres Verfahren ein und unterscheide lediglich zwischen Schüssen von innerhalb der Gefahrenzone und von außerhalb. Die Gefahrenzone ist ein Teilbereich des Strafraums und besteht aus dem Torraum sowie dem Raum, der von einer gedachten Linie von den Längsseiten des Torraums bis zur Strafraumlinie sowie von dieser selbst umschlossen wird. Schüsse aus dieser Zone haben naturgemäß eine weit höhere Erfolgswahrscheinlichkeit als solche von außerhalb derselben (im Fall der bisherigen elf Runden liegt dieser bei über 20%). Je mehr Schüsse ein Team innerhalb dieser Zone abgibt, desto besser Erfolgsaussichten hat es also. Gleichzeitig kann dies als ein Qualitätsindikator angesehen werden, da diese Zone naturgemäß am stärksten verteidigt wird, es also besonders schwierig ist, dort zum Abschluss zu kommen. Umgekehrt sind Mannschaften niedriger einzuschätzen, je mehr Abschlüsse sie in dieser Zone zulassen.

Graphik 2 zeigt die Summe der Schüsse aus der Gefahrenzone, sowohl die der abgegebenen (x-Achse) als auch die der zugelassenen (y-Achse). Die schwarze vertikale sowie horizontale Linie zeigt den Durchschnitt aller Teams an (~48). Teams rechts der vertikalen Linie sind also offensiv überdurchschnittlich gut, Teams unterhalb der horizontalen Linie wiederum verteidigen die Gefahrenzone besonders gut. Die objektiv besten Mannschaften finden sich also im rechten unteren Eck, die schwächsten demgemäß im linken oberen. Teams in den anderen beiden Vierecken haben unterschiedliche Probleme.

Graphik 2

Wenig überraschend ist, dass sich im linken unteren Feld die vier Teams befinden, die man landläufig für die besten vier der Liga hält. Während Salzburg das offensiv beste Team der Liga ist und etwa gleich gut verteidigt wie Sturm und die Austria, ist Rapid am stärksten darin, den Gegner von der Gefahrzone fernzuhalten. Allerdings ist Rapid offensiv nur die viertbeste Mannschaft der Liga. Sturms Stärke in der Defensive, die man von nackten Schussdaten sowie TSR und STR ablesen kann, wird durch diese Auswertung wiederum etwas relativiert; in den neuralgischen Zonen funktioniert die Verteidigung nicht so einwandfrei wie man insgesamt vermuten könnte. Die Austria ist wiederum in beiden Bereichen noch überdurchschnittlich gut, allerdings unter den Top Vier eindeutig die schwächste Mannschaft. 

Am gegenüberliegenden Rand des Spektrums finden sich drei Teams, die punktemäßig bislang höchst unterschiedlich abschnitten, die man allesamt aber eher am unteren Ende des Leistungsspektrums einschäzen konnte. Grödig und Ried finden sich leistungsmäßig in etwa auf demselben Level, wobei Grödig defensiv und Ried offensiv etwas besser ist. Die wahre Überraschung ist jedoch die Admira, die insgesamt das wohl schwächste Team der Liga ist. Wie ich bereits vor einiger Zeit in einem Tweet darlegte, ist der punktemäßige Höheflug der Admira wohl kaum ein Indikator guter Leistungen und wird auch kaum noch lange anhalten.

In der Mitte der Graphik finden sich zwei Teams, die ziemlich durchschnittliche Leistungen brachten, allerdings derzeit zumindest weit hinten in der Tabelle stecken. Altach ist das einzige Team, das offensiv unterdurchschnittlich und gleichzeitig defensiv überdurchschnittlich gut ist. Man lässt nicht viel zu, kreiert allerdings auch nicht allzu viel. Wolfsberg wiederum spielt zumindest dieser Auswertung nach alles andere als wie ein Abstiegskandidat. Man stellt die fünftbeste Offensive der Liga und liegt in dieser Hinsicht noch vor der Wiener Austria. Defensiv liegt man nur knapp schwächer als der Ligadurchschnitt und lässt vier andere Teams teilweise deutlich hinter sich. Das legt nahe, dass das Abschneiden in der Tabelle tatsächlich zu einem nicht unbedeutenden Teil vom vielbeschworenen Abschlusspech beeinflusst wird. Der niedrigste PDO der Liga weist jedenfalls auch in diese Richtung. 

Generell weisen die Beobachtungen, also die einzelnen Teams, einen indirekt proportionalen Zusammenhang auf: Je mehr Schüsse aus der Gefahrenzone eine Mannschaft abgibt, desto weniger lässt sie tendenziell auch zu. Offensivstarke Teams sind also in der Regel auch defensivstark und vice versa. Die Daten von neun der zehn Teams könnte man anhand einer linearen Trendlinie relativ gut vorhersagen. Lediglich Mattersburg ist in Graphik 2 ein deutlicher Ausreißer. Offensiv ist der Aufsteiger auf einer Höhe mit den Europacupstartern Rapid und Sturm, defensiv ist man hingegen das schwächste Team der Liga. Die Frage ist, ob sich dieses riskante Spiel auf Dauer auszahlen wird oder ins Auge gehen wird. Auf jeden Fall spielt Mattersburg diese Saison auf des Messers Schneide.

Die Gründe für dieses seltsame Bild der Mattersburger Schussstatistiken sind unklar und können sowohl taktischer als auch qualitativer Natur sein. Graphik 3 gibt zum Abschluss einen Hinweis darauf, der zumindest die gute Offensivdaten der Burgenländer miterklären könnte. Sie zeigt die Teams geordnet nach dem Prozentsatz aller Schüsse, die innerhalb der Gefahrenzone abgegeben wurden.

Graphik 3

Die Burgenländer liegen dabei eindeutig und mit Abstand an der Spitze der Wertung. Beinahe die Hälfte ihrer Schüsse geben sie aus der besonders gefährlichen Zone ab. Das heißt auch, dass sie Ballbesitz nicht mit wahrscheinlich ungefährlichen Schüssen vergeuden, auf die unter Umständen noch ein gefährlicher Gegenstoß folgen könnte. Hervorragend in dieser Auswertung schneiden auch Rapid und wiederum Wolfsberg ab, was erneut darauf hinweist, dass die Lavanttaler noch aus dem Keller kommen können, wobei diese Statistik selbst natürlich kein besonders tauglicher Qualitätsindikator ist. Die nächsten vier Teams im Ranking wiederum liegen recht nahe beieinander, etwa um ein Drittel. Am Ende wiederum finden sich jene drei Teams, die auch in Graphik 2 bereits schlecht abschnitten. Ried, Grödig und die Admira haben augenscheinlich nicht nur Probleme beim Kreieren eigener Chancen und dem Verhindern gegnerischer, sondern verschwenden auch viel Zeit, Energie und Ballbesitz mit Torschussversuchen aus wenig aussichtsreichen Positionen.

Abschließend stellt sich die Frage, wie diese Daten zu interpretieren sind, beziehungsweise was sie über den restlichen Verlauf der Meisterschaft aussagen können. Zwar sind sie keine determinativen Predikatoren der weiteren Ergebnisse, allerdings ist durchaus zu erwarten, dass sich Ergebnisse von in Schussdaten positiv abschneidenden Teams noch verbessern, während Klubs mit schwachen Statistiken eher in der Tabelle nach unten gereicht werden können. Es gibt daher einige Konklusionen, die man aus den oben präsentierten Daten ziehen kann:

  • Der Titelkampf bleibt weiterhin ein Rennen auf Augenhöhe zwischen Rapid und Salzburg. Während Salzburg bei allen Schüssen insgesamt besser abschneidet, hat Rapid bei den Schüssen aus der Gefahrenzone leicht die Nase vorne.
  • Sturm sollte sich auf jeden Fall in den Europacupplätzen einreihen können. Die Austria muss sich hingegen weiter steigern.
  • Bei Mattersburg kann der Pfeil in den kommenden Wochen in beide Richtungen zeigen.
  • Die Admira wird nicht mehr lange so weit oben stehen. Die bereits gesammelten Punkte sind jedoch natürlich ein Trumph im Abstiegskampf.
  • In diesem sehe ich mittelfristig vor allem Ried und Grödig, bei denen sowohl Ergebnisse als auch die Leistungen bisher mit die schwächsten waren.
  • Altach und Wolfsberg werden die Klasse halten können.

Freitag, 26. Juni 2015

Die Dreierkette brachte den Umschwung

Der verantwortliche Trainer ist zwar weg, aber er hinterlässt doch ein interessantes taktisches Vermächtnis. Nach einem durchaus mäßigen Start in die Saison, als man für zwei Runden sogar am letzten Tabellenplatz lag, stellte Oliver Glasner formativ auf eine Dreierabwehr um. Dadurch konnte sich die Mannschaft stabilisieren und landete ungefährdet auf dem sechsten Abschlussplatz, noch einen Punkt vor der weit höher eingeschätzten Wiener Austria und insgesamt punktemäßig in etwa dort, wo man das Team vor der Saison auch erwartet hätte.

Die Umstellung selbst war zwar vielleicht etwas aus der Not geboren, da die Personallage vor dem Spiel in Salzburg in der 12. Runde so dünn wurde, dass kaum mehr Alternativen verblieben. Dazu mag die Qualität des Gegners eine besondere Rolle gespielt haben. Wie der Beitrag zeigen will, war die taktische Neuorientierung allerdings genau richtig. Die SV Ried spielte mit Dreierkette signifikant besser als mit Viererabwehr.


1. Einleitung: Die Dreierkette als internationaler Trend


Sonntag, 10. Juni 2012, Danzig. Welt- und Europameister Spanien beißt sich an Italiens Hintermannschaft im ersten Gruppenspiel der Gruppe C beinahe die Zähne aus. Trotz eindeutiger Dominanz und klarer Überlegenheit kann sich der Favorit kaum Torchancen herausspielen, der letzte Pass will einfach nicht gelingen. Schließlich gerät man durch ein Kontertor von Di Natale sogar in Rückstand, erst nach einer Superkombination über Iniesta und Silva, der durchsteckt, gelingt Fàbregas der Ausgleich, das Spiel endet 1:1.

Zumindest teilweise kann man die starke Defensivleistung Italiens auf den Einsatz einer extrem variablen Dreierkette um Daniele de Rossi zurückführen, die Spaniens Offensivakteure mit striktem Positionsspiel und aggressivem Tackling vor beinahe unlösbare Probleme stellte (eine ausführliche taktische Analyse des Spieles findet sich beispielsweise hier und hier).
Auch in der italienischen Liga ist diese Defensivformation durchaus üblich: Napoli beispielsweise setzte schon vor einigen Jahren darauf, und Juventus wurde (teilweise) mit Dreierkette in der abgelaufenen Doublesieger und Champions League-Finalist

Doch dieser Trend beschränkt sich nicht nur auf Italien; beispielsweise konnte Chile unter Coach Marcelo Bielsa mit einer Dreierkette bei der WM 2010 bis ins Achtelfinale vorstoßen. Auch Pep Guardiola beim FC Bayern experimentierte in der vergangenen Saison teilweise damit. Bei der letztjährigen Weltmeisterschaft lag die Dreier- bzw. Fünferkette absolut im Trend. Umso bezeichnender, dass sie außer bei Ried bei keinem österreichischen Bundesligisten regelmäßig eingesetzt wurde. Das Land hinkt eben taktisch hinterher.

Die Gründe, sich für eine derartige Formation in der Defensive zu entscheiden, können vielfältig sein. Einerseits kann man mit drei zentralen Verteidigern die Mitte des Spielfeldes besser kontrollieren und dominieren, was sicherlich einer der ausschlaggebenden Gründe für Italiens Coach Prandelli war. Vor allem gegen Teams, die von der Qualität her höher einzuschätzen sind, kann dieser Faktor eine wichtige Rolle spielen. Gegen Gegner, die mit zwei zentralen Sturmspitzen agieren, hat die Dreierkette für die verteidigende Mannschaft wiederum den Vorteil, leichter Überzahlsituationen herzustellen, was einer der Beweggründe Bielsas war. Guardiola wiederum wollte seine Mannschaft weiterentwickeln und sie formationstechnisch noch flexibler und weniger ausrechenbar zu machen.

Natürlich hat die Formation nicht nur Vorteile. Einerseits „verliert“ man natürlich durch den zusätzlichen Verteidiger einen offensiven Spieler, was die Optionen im Spiel nach vorne beschränkt. Andererseits ist die Einübung dieser Formation mit Spielern, die sie nicht gewohnt sind, eine Angelegenheit, die viel Zeit in Anspruch nimmt. Zeit, die man im Profifußball grundsätzlich nicht hat. Deshalb hat der bereits erwähnte Bielsa sie beispielsweise als Vereinstrainer bei Athletic Bilbao nach einigen Versuchen, sie einzuführen, ad acta gelegt. Dies könnte ein Grund sein, warum sie doch vor allem im deutschsprachigen Raum noch eher selten eingesetzt wird (mit Ausnahme der situativen Dreierkette im Spielaufbau, aber das ist ein anderes Thema).


2. Die Dreierkette bei der SV Ried


Erstmals setzte Oliver Glasner wie bereits erwähnt in Runde 12 auf eine Dreierkette; eine Entscheidung, die sofortige Auswirkungen auf die Leistung seiner Mannschaft hatte. Als Indikator für die Leistung eines Teams benütze ich wie üblich TSR und STR, die in diesem Interview näher erläutert werden. Wie Graphik 1 zeigt, stabilisierte sich die Performance seines Teams bereits zwei Runden später nachhaltig. Zwar war die TSR des Teams noch knapp über 0,5, also positiv; der Trend ging in den Spielen allerdings nach unten, und die aussagekräftigere STR war bereits nach drei Runden in den negativen, obwohl noch nicht besorgniserregenden, Bereich gefallen. Deren Trend war zwar positiv, das schlug sich jedoch nicht in den Resultaten nieder. Der PDO der SV Ried war zu diesem Zeitpunkt der zweitniedrigste der Liga, was darauf hinweist, dass die Mannschaft besser war als der Tabellenrang.  Darauf zu warten, dass die Ergebnisse endlich die Leistungen widerspiegeln, ist im Fußball allerdings nicht immer die klügste Lösung. Zu diesem Zeitpunkt könnte es bereits zu spät sein, die sportlichen Ziele könnten sich bereits außer Reichweite befinden. 

 
 Graphik 1: Entwicklung von TSR (schwarz) und STR (blau) der SV Ried in der Saison 2014/15 während der ersten 35 Runden. Die vertikale rote Linie markiert den erstmaligen Einsatz der Dreierkette.

Die Entscheidung entpuppte sich auf jeden Fall im Nachhinein als richtig. Im ersten Spiel mit Dreierkette selber konnte man zwar keine Punkte einfahren, allerdings den Meister in dessen Heimstadion immerhin stark fordern und zweimal dessen Führungstreffer ausgleichen. Wenngleich die Niederlage in der Partie insgesamt verdient war, markierte das Spiel doch eine Zäsur. Weder TSR noch STR fielen ab Runde 14 jemals wieder unter die 0,5-Grenze. Speziell im Frühjahr präsentierte man sich diesbezüglich auch sehr stabil (das letzte Saisonspiel ist in allen Graphiken ausgespart, da Oliver Glasner zu diesem bereits beurlaubt war). Anders ausgedrückt: Während man mit Viererkette in über einem Drittel der Spiele auf eine negative STR kam, war dies mit Dreierkette lediglich in etwa einem Viertel der Spiele der Fall.

Interessanterweise diente die Dreierkette bei Ried nicht nur für defensive Stabilisierung, was unter Umständen ein wichtiger Beweggrund für die Umstellung war (Ried hielt vor der Umstellung bei einem negativen Torverhältnis und einem Schnitt von fast zwei Gegentoren pro Spiel). Vielmehr profitierte auch das Spiel nach vorne von der taktischen Maßnahme.

 Graphik 2: Vergleich von Schussstatistiken der SV Ried mit Dreier- und Viererkette, wiederum basierend auf Daten der Runden 1-35 der Saison 2014/15.

Wie in Graphik 2 ersichtlich wird, kam die SV Ried in Spielen, in denen sie mit Dreierkette, auf fast eineinhalb Schüsse mehr als in jenen mit Viererkette. Auch konnten etwa 0,9 Schüsse pro Spiel mehr aufs Tor abgegeben werden. Die Überlegenheit der Dreierkette ist bei den Defensivstatistiken kurioserweise etwas weniger stark ausgeprägt, aber auch anzufinden. Etwa 1,1 Schüsse pro Spiel wurden weniger zugelassen, dazu gaben die Gegner 0,1 Schüsse aufs Tor weniger ab. Diese Unterschiede klingen vielleicht nicht besonders groß, summieren sich im Laufe einer ganzen Saison jedoch. Hochgerechnet auf 36 Spiele würde dies ceteris paribus bedeuten, dass das Team 50 Schüsse mehr abgeben und 39 weniger zulassen würd. Wenn man davon ausgeht, dass ungefähr jeder zehnte Schuss zu einem Tor führt, bedeutete das, dass in den 36 Spielen rund fünf Tore mehr erzielt und vier weniger erhalten würden. Wenn man weiters davon ausgeht, dass in Österreich ein erzieltes Tor im Durchschnitt 0,62 Punkte mehr bringt und ein erhaltenes dementsprechend 0,55 weniger, verursachten diese vermeintlich nur kleinen Unterschiede über eine gesamte Saison gerechnet einen Unterschied von immerhin fünf Punkten mehr; wie weiter unten ausgeführt, hätte man damit heuer durchaus in den Kampf um Europa eingreifen können. Diese Rechnung ist zwar sehr abstrahiert und nur ein Erwartungswert, erweist sich aber als robust, selbst wenn man sie wie unten mit weniger aussagekräftigen Statistiken wie Punkten pro Spiel vergleicht.

Der Zusammenhang ist zwar indirekt, aber mit der Dreierkette landeten auch mehr der abgegebenen Schüsse tatsächlich am Tor (35,69% gegenüber 32,76%). Paradoxerweise gilt dies auch für die gegnerischen Schüsse (40% wenn Ried mit Dreierkette antrat, nur 37,11% bei Viererkette). Man schaffte es also offensichtlich, zwar insgesamt besser zu verteidigen, und weniger gegnerische Schüsse zuzulassen. Die Schüsse allerdings, die zugelassen wurden, waren allerdings gefährlicher. Dies schlägt sich auch in den Torquoten nieder; mit Dreierkette führten 10,15% der Rieder Schüsse zum Torerfolg, mit Viererkette hingegen nur 9,2%. Die Unterschiede bei den gegnerischen Torquoten sind wiederum nur minimal: Wenn Ried mit einer Dreierkette antrat, landeten 12,65% der gegnerischen Schüsse im Tor, mit Viererkette 12,58%, also nur unwesentlich weniger.


Graphik 3: Vergleich von Punkten, Toren und Gegentoren unter Dreier- und Viererkette, wiederum basierend auf Daten der Runden 1-35 der Saison 2014/15. Die roten waagrechten Linien zeigen den Ligadurchschnitt an.

Wie aufgrund der verbesserten Schussstatistiken zu erwarten war, schlug sich die taktische Umstellung auch auf die Rieder Ergebnisse durch. Man beendete die Spielzeit in der Endabrechnung mit einem Punkt mehr als in der Saison davor, zudem mit einer beinahe ausgeglichenen Tordifferenz (-2).Wenn man den Punkteschnitt der Spiele mit Dreierkette über die gesamten 36 Runden halten hätte können, wäre man wie aufgrund der Schussstatistiken erwartet auf 49 Punkte in der Endabrechnung gekommen und hätte mit etwas Glück sogar in die Europacupplätze rutschen können. Mit dem Punkteschnitt aus Partien mit Viererkette wäre man hingegen mit 36 Zählern nur Achter geworden, also noch zwei Plätze schwächer. Zudem erzielte man mit Dreierkette mehr Tore und erhielt weniger als der durchschnittliche Bundesligist, während man mit Viererkette nur unterdurchschnittliche Leistungen abrufen konnte.


3. Fazit

 

Der verantwortliche Trainer ist wie bereits erwähnt weg, und deshalb bleibt fraglich, ob die vorhergehenden Zeilen aus einer anderen denn einer historischen und theoretischen Sichtweise relevant bleiben können. Sein Nachfolger wäre allerdings nicht schlecht beraten, die Grundformation mit drei zentralen Verteidigern beizubehalten und sie zumindest als taktische Variante in petto zu haben. Auch für andere Vereine kann die Rieder Erfahrung als Anleitung für eigene taktische Maßnahmen dienen. Natürlich kann aus den Ergebnissen der letzten Saison nicht geschlossen werden, dass in der nächsten Saison automatisch mit einer Dreierkette bessere Ergebnisse eingefahren werden würden als ohne. Allerdings spricht doch einiges dafür, dass sie weiterhin eine potentiell sehr effektive taktische Waffe sein wird. Dazu zählt beispielsweise ihre weiterhin geringe Verbreitung in der österreichischen Bundesliga, verbunden damit ist eine geringe Vertrautheit vonseiten der Gegner, sie effektiv zu bespielen. Zwar setzten einige Vereine (Admira, Austria, Sturm) in Einzelfällen in der vergangenen Saison auf Dreier- oder Fünferketten, dies aber meist als Ad-hoc-Maßnahme, um individuell (vermeintlich) überlegenen Gegnern das Toreschießen zu erschweren. Das ist zwar einer der möglichen Vorteile einer Dreierkette, beileibe aber nicht der einzige. Dazu kommt, dass dies nur funktioniert, wenn die Mannschaft einigermaßen mit den formativ geänderten Abläufen vertraut ist. Sonst dient der zusätzliche Abwehrmann oft nur einer vorsätzlichen Abwehrschlacht, erschwert also nicht nur gegnerische, sondern auch eigene Angriffsbemühungen. Das Beispiel Ried zeigt allerdings, dass eine wohlsituierte Dreierkette sowohl Defensiv- als auch Offensivspiel und damit die gesamte Leistung eines Teams verbessern kann. 


Anmerkung: Graphiken zum Vergrößern anklicken.