Dienstag, 21. April 2015

Kurzgeschichte: Die Wiener Austria unter Andreas Ogris

Natürlich ist es für ein abschließendes Urteil nach drei Ligaspielen noch zu früh. Dennoch hat ein Zwischenfazit insofern Sinn, als ein neuer Trainer durchaus in gewissen Aspekten sofort für Veränderungen im Spiel seiner Mannschaft sorgen kann. Zwar ist der vielzitierte Trainereffekt kein Automatismus, allerdings zeigen sich neue Ansätze in Details durchaus schon nach wenigen Spielen.

Die Daten reflektieren tatsächlich bereits einen signifikanten Wandel im Spiel der Wiener Austria in den drei Spielen unter der Regie von Interimscoach Ogris (siehe Graphik 1). Zu beachten ist dabei, dass die Daten der drei Spiele unter Ogris natürlich noch mehr von den Gegnern, gegen die gespielt wurde, beeinflusst werden. So ist es kaum verwunderlich, dass die Austria gegen den generell eher reaktiv agierenden WAC auf überdurchschnittlich viele Pässe kam (485), während gegen das Salzburger Pressing oft auf lange Bälle gesetzt wurde, was eine dementsprechend etwas niedrigere Passquote (68%) zur Folge hatte. Bei nur drei Spielen können solche Eigenheiten die Durchschnittswerte stärker beeinflussen als bei einer größeren Stichprobe. 

Die gespielten Pässe pro Spiel sowie die Passquote unterscheiden sich kaum voneinander (die jeweils linke Säule in Graphik 1 repräsentiert den Mittelwert unter Baumgartner, die rechte dementsprechend den unter Ogris). In beiden Kategorien kam die Austria unter Baumgartner auf leicht höhere Werte, die Unterschiede sind jedoch minimal und dementsprechend in der Beurteilung zu vernachlässigen.

Wo sich jedoch gewaltige Differenzen zeigen, ist bei den Flanken. Seit Ogris am Werk ist, schlägt die Austria mehr als doppelt so viele Flanken pro Spiel als noch unter Baumgartner. Mit anderen Worten: Von den insgesamt 400 geschlagenen Flanken in dieser Saison wurden 77 (dies entspricht 19,25%) unter Ogris abgegeben, obwohl er nur in 10,34% der Spiele Cheftainer war.


Graphik 1

Die Unterschiede zwischen beiden Perioden zeigen sich noch deutlicher, wenn man die Anzahl der Flanken auf die Anzahl der gespielten Pässe standardisiert (Graphik 2). Von 100 gespielten Pässen unter Baumgartner waren nur knapp drei Flanken, unter Ogris hingegen mehr als sechs.

Graphik 2

Das Problem mit dem Spiel, das sich auf Flanken fokussiert, ist, dass Flanken sehr ineffiziente Mittel sind, um Gefahr zu kreieren. Selbst die genauesten Spieler in dieser Hinsicht bringen nur etwa ein Viertel der Flanken an den eigenen Mann (man vergleiche dies mit der allgemeinen Passquote von etwa 70%). Und selbst wenn sie nicht von der gegnerischen Abwehr geklärt werden, sind sie schwiergier weiterzuverarbeiten beziehungsweise ins Tor zu bringen als Flachpässe.

Dementsprechend ist auch eher nicht zu erwarten, dass es der Austria gelingt, unter Ogris mehr Gefahr zu erzeugen als unter Baumgartner. Graphik 3 bestätigt diese Vermutung auch zumindest für die drei bereits absolvierten Spiele. Die Austria schoss vor dem Trainerwechsel pro Spiel etwa zweieinhalbmal öfter in Richtung gegnerisches Tor als danach. Der Unterschied bezüglich der Schüsse, die auch auf das gegnerische Tor gingen, ist zwar geringer (etwa ein Torschuss pro Spiel mehr als unter Ogris), allerdings ist diese Zahl nicht trivial angesichts der oftmals engen Ergebnisse. Ein Schuss mehr oder weniger kann ein Resultat bereits in die eine oder andere Richtung beeinflussen.

Graphik 3

Andererseits wurde dieser Rückgang bei den eigenen Torschüssen dadurch aufgefangen, dass die Austria auch weniger gegnerische Torschüsse zulässt. Während die Gegner unter Baumgartner noch etwa 14 Schüsse pro Spiel abgaben (4,58 davon aufs Tor), ließ sie unter Ogris nur noch elf pro Spiel zu (3,67 aufs Tor). Man konnte sich also defensiv stabilisieren und sich auch in den beiden Indikatoren TSR (von 0,51 auf 0,52) und STR (0,52 auf 0,56) steigern, was auf insgesamt überlegenere Leistungen schließen lässt. Der Rückgang in der offensiven Chancenkreation hatte jedoch zur Folge, dass man in der Liga seit dem Trainerwechsel immer noch sieglos ist. Im Spiel nach vorne hat man also sicher noch Luft nach oben und kann sich verbessern, um enttäuschende Punkteverluste gegen individuell schlechter eingeschätzte Gegner wie Grödig und Wolfsberg zu vermeiden; beispielsweise, indem man etwas seltener Flanken schlägt.