Samstag, 27. Februar 2016

Was Heimo Pfeifenberger beim WAC verbesserte

Das Problem Didi Kühbauers als Trainer des WAC in den Spielen letzten Herbst war, dass sich sein Team zwar recht gute Einschussmöglichkeiten erspielte, insgesamt jedoch nur unterdurchschnittlich viele davon nützte. Für elf Tore benötigte man 202 Schüsse, was einem Verwandlungsanteil von lediglich knapp über 5% entspricht. Das ist nur halb so hoch wie bei einem durchschnittlichen Bundesligateam, der Erwartungswert bei so vielen Schüssen liegt dementsprechend bei über 22 Toren. Unter Pfeifenberger stieg der Anteil der verwandelten Schüsse auf gut 8%, was immer noch niedriger als im Schnitt ist, aber schon in Richtung des Normalwerts geht. Dieses Phänomen ist als Regression zum Mittelwert bekannt und kein Verdienst des neuen Trainers, sondern tritt bei steigender Datenmenge im Normalfall automatisch auf.

Allerdings gibt es auch das gegenteilige Phänomen. Unter Kühbauer erhielt der WAC 22 Gegentore aus 200 Schüssen, also so viele, wie er auch hätte erzielen sollen. Unter Pfeifenberger hat das Team in sieben Spielen 92 Schüsse zugelassen, jedoch nur fünf Tore bekommen (~5%, und drei davon ironischerweise im Auswärtsspiel bei Rapid, als man als Auswärtsteam die klar besseren Tormöglichkeiten hatte). In dieser Hinsicht ist der Wert unter Pfeifenberger offensichtlich noch von der niedrigen Fallzahl verzerrt, es ist also zu erwarten, dass er den Gegentorschnitt nicht halten wird. Jedoch ist wie dargelegt auch noch mit steigenden erzielten Toren zu rechnen, was sich im Abstiegskampf als Vorteil erwiesen könnte.
 
Team
Eigene Schüsse verwandelt
(in Prozent)
Gegnerische Schüsse verwandelt
(in Prozent)
Admira
11,07
11,26
Altach
11,97
10,15
Austria
11,35
12,88
Grödig
10,77
10,36
Mattersburg
13,15
11,56
Rapid
16,33
9,66
Ried
8,47
11,29
Salzburg
12,03
11,52
Sturm
7,91
10,98
Wolfsberg
6,49
9,25
Die Tabelle zeigt an, wie viele Schüsse jedes Team der Bundesliga prozentuell bisher verwandelt hat sowie wie viele davon gegen jedes Team verwandelt wurden. Wie wir sehen, steht der WAC in beiden Wertungen ganz unten (nicht nur aufgrund der alphabetischen Reihung). Er verwandelte sowohl die wenigsten Schüsse in Tore, erlitt aber auch prozentuell nur am wenigsten Tore aus den zugelassenen Schüssen. Wie bereits erklärt, ist in Zukunft also mit einem Anstieg sowohl der Tore als auch der Gegentore in Relation zu den Schüssen zu rechnen.

Es gibt allerdings einen Aspekt, in dem sich der WAC unter dem neuen Trainer tatsächlich verbessern konnte. Zuerst vergleichen wir jedoch die nackten Schussstatistiken unter den beiden Trainern mittels des Boxplots in Graphik 1. Sie zeigen an, wie viele Schüsse in den Spielen der bisherigen Saison unter den beiden Trainern jeweils abgegeben beziehungsweise zugelassen wurden. Die schwarzen horizontalen Striche in den blauen Boxen geben die Medianwerte an, die weißen Kreise die Mittelwerte. 

Graphik 1
Wie wir sehen, sind bei den Schüssen insgesamt die Werte unter Pfeifenberger nach oben geschnellt; es wurden sowohl mehr Schüsse abgegeben (2,5 pro Spiel) als auch zugelassen (0,5). Die Veränderungen sind im Offensivspiel also eklatanter und erklärt im Zusammenhang mit der oben angesprochenen etwas verbesserten Verwertung der Schüsse den fast doppelt so hohen Torschnitt unter Pfeifenberger. Dass sich auch der Gegentorschnitt massiv verbesserte, ist hingegen beinahe ausschließlich auf die nach unten gerasselte gegnerische Chancenauswertung zu schieben, also keine nachhaltige Verbesserung.

Worin sich die Mannschaft in den sieben Spielen jedoch entschieden verbessern konnte, sind die Schüsse aus der sogenannten Gefahrenzone (Danger Zone). Diese besteht aus dem Torraum sowie dem Bereich des Strafraums, der durch die gedachte Verlängerung der kurzen Seiten des Torraums bis zur Strafraumlinie und diese selbst begrenzt wird (siehe diese Visualisierung). Schüsse aus dieser Zone haben eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit, ins Tor zu gehen (Anmerkung: Elfmeter werden ausgenommen und separat behandelt). Während von allen Schüssen in etwa elf Prozent im Tor landen, sind es bei Schüssen aus der Gefahrenzone bei allen Teams in der bisherigen Saison knapp 21%, also fast doppelt so viele. In diese Zone zu kommen und dort Abschlüsse zu verbuchen beziehungsweise den Gegner davon abzuhalten ist also von immenser Bedeutung.

Graphik 2
Graphik 2 repliziert die erste Graphik, berücksichtigt allerdings nur diese Schüsse aus der Gefahrenzone. Wie wir sehen, hat der WAC unter Pfeifenberger im Schnitt sowohl mehr Schüsse in dieser Zone abgegeben als auch weniger zugelassen als unter seinem Vorgänger. Man gibt pro Spiel etwa 1,8 dieser Schüsse ab und lässt circa 1,1 weniger zu. Wenn man die Erfolgswahrscheinlichkeit dieser Schüsse berücksichtigt, sind das in der bisher kurzen Amtszeit Pfeifenbergers fast drei erwartete Tore mehr (+2,6) und fast zwei erwartete Gegentore weniger (-1,66). In diesem Zusammenhang kann man also von einer tatsächlichen Verbesserung sprechen.

Natürlich ist die Fallzahl noch relativ gering, da der WAC erst sieben Spiele unter Pfeifenberger absolvierte. Deshalb sollte man Durchschnittswerte nicht überinterpretieren, und die Unterschiede sind weder im Fall der insgesamt abgefeuerten Schüsse noch in jenem der Schüsse aus der Gefahrenzone ausreichend statistisch signifikant. Allerdings spielte der WAC in diesen sieben Spielen bereits gegen die vier stärksten Teams der Liga (zweimal davon auswärts) und konnte in diesen auch immerhin fünf Punkte holen. Die Verbesserung resultiert also sicherlich nicht nur aus der Tatsache, dass man es mit schwächerer Konkurrenz zu tun gehabt hätte.

Die Veränderung drückt sich auch in relationalen Zahlen aus. Die Total Shot Ratio, also die Metrik, die die eigenen abgegebenen Schüsse in Relation zur Summe der abgegebenen und zugelassenen Schüsse setzt, war bereits unter Kühbauer besser als bei einem Abstiegskandidaten (0,50) und verbesserte sich marginal unter Pfeifenberger (0,54). Die Danger Zone Shot Ratio, die also gleich funktioniert, jedoch nur Schüsse aus der Gefahrenzone berücksichtigt, ist jedoch nach oben geschnellt und beträgt unter Pfeifenberger 0,66 (im Vergleich zu 0,51 unter Kühbauer, der Unterschied ist zudem statistisch signifikant auf dem 95%-Level). Unter Kühbauer machten diese besonders aussichtsreichen Schussmöglichkeiten knapp 37% aller insgesamt abgegebenen Schüsse aus; unter Pfeifenberger stieg der Wert noch einmal auf über 42% an.

Ob das anhält, ist jedoch zweifelhaft; der Wert ist bereits zu gut, um wahr zu sein. Wie Graphik 3 anzeigt, wäre der WAC mit einer DZSR  von 0,66 das beste Team der gesamten Liga. Wahrscheinlich wird also diese Kennzahl in den nächsten Spielen wieder etwas zurückgehen, allerdings war der WAC bereits unter Kühbauer in der besseren Tabellenhälfte dieser Wertung. Man kann also davon ausgehen, dass die Mannschaft insgesamt zu gut für den Abstieg ist.

Graphik 3

Dienstag, 23. Februar 2016

Macht es überhaupt einen Unterschied?

Vor einigen Wochen schrieb ich an dieser Stelle einen Beitrag, in dem ich versuchte aufzuzeigen, wie die in den letzten fünf Jahren in der österreichischen Bundesliga angestellten Trainer punktemäßig im Vergleich zu einem prognostizierten Erwartungswert abschnitten. Dieser Erwartungswert basierte auf dem durchschnittlichen Marktwert der zur Verfügung stehenden Spieler, der, wie ich gezeigt habe, ein sehr starker Prädikator für sportliches Abschneiden ist. Allerdings determiniert er die Punkteausbeute nicht, es ist also Spielraum für Trainer, etwas zum Guten oder zum Schlechten zu wenden. Wir sahen, dass das durchaus geschieht. Die Teams einiger Trainer holten pro Spiel signifikant mehr Punkte als erwartet, während andere kontinuierlich schlechtere Ergebnisse als erwartet holten. Der Großteil der Trainer ist allerdings im Mittelfeld, hat also keinen relevanten Einfluss auf die Punkteausbeute ihrer Teams.

Am Wochenende erschien bei den Kollegen von Ballverliebt ein hochinteressanter und sehr datenreicher Artikel zur Frage, ob sich einige Merkmale der angestellten Trainer (Spielerkarriere, absolvierte Länderspiele,  in Österreich in den letzten zwanzig Jahren verändert haben. Grundessenz des Artikels ist in Bezug auf die heimische Bundesliga ist, dass weiterhin vor allem ehemalige Profis und Nationalspieler als Trainer eingestellt werden, während Leute ohne nennenswerte Spielerkarriere es damals wie heute schwer haben. 

Die Frage, die ich in den folgenden Zeilen klären möchte, ist ob sich diese beiden Beobachtungen verbinden lassen. Ist es gerechtfertigt, einen Trainer mit Spielerkarriere bei der Auswahl vorzuziehen? Hilft eine lange, erfolgreiche Spielerkarriere für die Zeit danach? Konkret gefragt: Hat die Anzahl absolvierter Spiele einen Einfluss auf auf das Abschneiden als Trainer?

Dafür greife ich auf denselben Datensatz wie für den oben verlinkten Text zurück. Der Erfolg als Trainer wird also durch die Anzahl der Punkte, die jeder der Übungsleiter mit Verantwortung in mehr als fünf Pflichtspielen seit 2010 (42 an der Zahl) pro Spiel mehr holte als man von den von ihm betreuten Mannschaften erwarten konnte. Für die Spielerkarriere zähle ich sowohl die absolvierten Ligaspiele als auch Länderspiele, Daten kommen dafür hauptsächliche aus den jeweiligen Wikipediaeinträgen, die in der Regel ergiebiger sind als die sonst gerne verwendeten Datenbanken wie Weltfussball oder Transfermarkt. Diese werden jedoch zur Vervollständigung herangezogen, wenn kein Wikipediaartikel vorhanden ist.

Zuerst ein wenig deskriptive Datenanalyse: Im Durchschnitt absolvierten die 42 Trainer 331 Ligaspiele (der Median liegt bei 369). Lediglich vier davon absolvierten gar keine (Gludovatz, Hyballa, Kraft und Zeidler), acht kommen auf mehr als 500 davon. Bei den Länderspielen ist die Datenlage weit verzerrter. Der Mittelwert liegt bei 18, der Median allerdings nur bei 1,5. 20 der 42 Trainer absolvierten null Länderspiele, nur 15 kommen auf einen Wert über dem Durchschnitt. Graphik 1 zeigt mittels Punktdiagramm die absolvierten Länder- und Ligaspiele. Beide Werte korrelieren statistisch signifikant auf mäig hohem Niveau miteinander, was nicht besonders überrascht; wer überhaupt nicht professionell Fußball spielt, wird auch keine Nationalteameinsätze bekommen.

Graphik 1

Nun aber zu der Frage, ob diese Daten für den Erfolg einer Trainerkarriere überhaupt von Bedeutung sind. Zuerst analysiere ich die Ligaspiele und deren Einfluss auf den Erfolg als Trainer. In Graphik 2 plotte ich die absolvierten Ligaspiele auf der x-Achse und die über dem Erwartungswert geholten Punkte auf der y-Achse. Die dickere, gestrichelte Linie zeigt die Grenze an: Wer darüber liegt, holte mehr Punkte als erwartet; darunter liegen dementsprechend die Trainer, die eine schwächere Punkteausbeute als möglich gewesen wäre aufweisen. Dies trifft wie man sieht auf die meisten zu; nur zwölf der 42 weisen einen positiven Saldo auf.

Diejenigen, die über dieser Linie liegen, haben jedoch höchst unterschiedliche Spielerkarrieren hinter sich. Interessanterweise finden sich die beiden erfolgreichsten Trainer (Stöger und Gludovatz) an den jeweiligen Extremen der möglichen Spielerkarriere; Stöger hat über 500 Spiele in den Beinen, Gludovatz kein einziges. Von denen unter der gestrichelten Linie scheinen die meisten tendenziell eher mehr als weniger Spiele absolviert haben.

Graphik2

Die durchgehende Linie stellt die Regressionsgerade dar, also jene, die am wenigsten weit von allen Punkten entfernt ist. Sie sinkt leicht nach unten, was darauf hinweist, dass Trainer im Schnitt sogar schwächer abschneiden, je mehr Ligaspiele sie absolviert haben. Allerdings ist dieser Zusammenhang schwach ausgeprägt und statistisch nicht signifikant. Tatsächlich ist es also egal, wie viele Spiele ein Trainer als Spieler absolviert hat; es gibt keinen Zusammenhang mit seinem punktemäßigen Abschneiden als Chefcoach.

Aufgrund der schiefen Verteilung rechne ich bei den Länderspielen keinen linearen Zusammenhang, sondern beschränke mich auf ein Boxplot. Dafür teile ich die Trainer in zwei Gruppen (mindestens ein Länderspiel absolviert ja oder nein) ein und stelle für diese beiden die Streuung der geholten Punkte über dem Erwartungswert dar (Graphik 3).

Graphik 3

Wiederum zeigt sich, dass die Trainer ohne Spielerkarriere sogar leicht besser abschneiden. Die Trainer, die Länderspiele absolvierten, kommen im Schnitt auf etwa 0,13 Punkte pro Spiel weniger als erwartet. Bei denen, die nie zu Teamehren kamen, liegt die Ausbeute bei 0,11 Punkten pro Spiel unter dem Erwartungswert - ein winziger und statistisch nicht signifikanter Unterschied. Der Median liegt bei denen ohne absolvierte Länderspiele bei 0, sie holten also, was man erwarten konnte. Bei denen mit Länderspielen liegt er wiederum darunter. In beiden Gruppen gibt es zudem zwei Ausreißer nach unten (dargestellt durch die einzelnen Punkte). Der Punkt rechts oben stellt wieder Peter Stöger dar.

Zusammenfassend kann also eindeutig gesagt werden, dass die Spielerkarriere für den Erfolg in der Karriere danach keine Rolle spielt. Das gilt sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Man kann ein guter Spieler gewesen sein und ein guter Trainer (Typ Guardiola), man kann das aber auch ohne Spielerkarriere erreichen (Typ Mourinho). Selbstverständlich kann man auch mit oder ohne Spielerkarriere ein schlechter Trainer sein, aber die bleiben meist auf der Strecke, wie das Beispiel der missglückten Amtszeit von Peter Zeidler bei RB Salzburg zeigt.

Natürlich ist diese kurze Analyse nicht erschöpfend. Sie behandelt "nur" 42 Trainer in der österreichischen Bundesliga, die zudem nur sechs Spiele tätig gewesen sein mussten, um in die Stichprobe aufgenommen zu werden. Mit mehr Spielen und mehr Trainern wären die Ergebnisse wahrscheinlich aussagekräftiger, aber das ist eben alles was ich habe. Zudem behandle ich nur einen Aspekt des Trainerberufs, nämlich sportlichen Erfolg in der Meisterschaft. Als Erfolg kann man natürlich auch einen attraktiven Spielstil, Cup-Titel oder den Einbau von Jugendspielern in die erste Mannschaft definieren. Mit derartigen Operationalisierungen sähen die Ergebnisse vielleicht auch anders aus.

Ein weit wichtigerer Einwand gegen die Ergebnisse ist jedoch, dass Trainer ohne Spielerkarriere darin sogar noch zu schlecht abschneiden. Das liegt an einem möglichen survival bias. Da Trainer in der Bundesliga bevorzugt angestellt werden, wenn sie eine halbwegs ordentliche Spielerkarriere im CV stehen haben, bekommen viele geeignete Kandidaten ohne Spielerkarriere gar keine Chance, ihre Fähigkeiten einzubringen, oder werden vorschnell wieder entlassen (wie Peter Hyballa). Zudem ist zu erwarten, dass in unteren Spielklassen ähnliche Mechanismen am Werk sind, sie also erst gar keine Chance haben, sich nach oben zu arbeiten. Sie sind also im Sample möglicherweise unterrepräsentiert. Was die Ergebnisse jedoch jedenfalls andeuten, ist, dass die Spielerkarriere eines Trainerkandidaten bei seiner Auswahl keine Rolle spielen sollte.

Dienstag, 12. Januar 2016

Wie schneiden die Trainer ab?

Vor einigen Tagen untersuchte ich im ersten Teil eines Schwerpunkts zum Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Möglichkeiten und sportlichem Erfolg in der österreichischen Bundesliga (der zweite Teil folgt in den kommenden Tagen), inwieweit der Marktwert eines Teams seine Punkteausbeute am Saisonende prognostizieren kann. Der Marktwert wird dabei als Indikator für die Qualität der zur Verfügung stehenden Spieler und damit auch des zur Verfügung stehenden Budgets angesehen; Vereine mit mehr Geld können sich bessere Spieler leisten und sie länger bei sich halten, was sich in einem höheren Durchschnittsmarktwert niederschlägt. Dies wiederum führt zu besseren Leistungen auf dem Feld und besseren Ergebnissen im Endklassement. 

Die Ergebnisse zeigen, dass der Zusammenhang recht stark und statistisch signifikant ist und sich durchaus mit Ergebnissen aus Untersuchungen über andere Ligen und Ländern deckt. Etwas mehr als die Hälfte der Varianz in der Punkteanzahl der Teams am Ende der Saison von 2010 bis 2015 kann mittels des Durchschnittsmarktwerts erklärt werden. Das lässt allerdings auch Raum für zusätzliche Erklärungen. Die Resultate eines Teams können unter Umständen auch von Glück oder Pech, Verletzungen, Doppel- oder Dreifachbelastungen oder Schiedsrichterentscheidungen beeinflusst werden, und einige dieser Faktoren werde ich auch in zukünftigen Beiträgen untersuchen, solange sie sich quantifizieren lassen. In diesem Beitrag hingegen soll es um die Rolle der Cheftrainer gehen.

Um deren Einfluss auf die Punkteanzahl zu eruieren, nehme ich die Amtszeit aller jener, die zwischen Saisonbeginn 2010 und Winterpause 2015/16 als Cheftrainer (vorerst inklusive Interimstrainer) tätig waren. Dadurch ergibt sich ein Sample von 51 Personen. Deren jeweilige Amtszeiten pro Klubs unterteile ich noch einmal in die unterschiedlichen Saisonen, da pro Saison meist ein etwas anderer Kader mit unterschiedlichen Marktwerten zur Verfügung stand. Damit vergrößert sich das Sample auf 90 Untersuchungseinheiten. Von diesen wiederum exkludiere ich Kurzzeit- und Interimstrainer, die weniger als fünf Spiele als Cheftrainer verantwortlich waren, für die meisten Berechnungen. Das endgültige Sample umfasst daher 83 Untersuchungseinheiten. In einem späteren Schritt werden die Ergebnisse der einzelnen Saisonen (und bei Coaches die in mehr als einem Verein tätig waren auch diese) wiederum addiert, um für jeden Cheftrainer einen einzelnen Wert zu errechnen (siehe unten Graphik 2).

Zuerst sehen wir uns, wie sich die Untersuchungseinheiten in Bezug auf prognostizierte und tatsächliche Werte verhalten. Wie Graphik 1 zeigt, ist dieser Zusammenhang ähnlich stark ausgeprägt wie bei den Vereinen. Das Bestimmheitsmaß liegt etwas niedriger (0,46 gegenüber 0,53), was angesichts der höheren Fallzahl vielleicht etwas überraschen mag. Allerdings muss dazu angemerkt werden, dass trotz des Ausschlusses der Kurzzeittrainer mit weniger als fünf Spielen dennoch noch eine Reihe von Trainern mit vergleichsweise kurzen Saisonamtszeiten im Sample vertreten sind. Vier davon dauerten genau fünf Spiele, eine sechs, drei sieben, zwei acht und wiederum drei neun Spiele lang. In diesen kurzen Zeiträumen kann ein Trainer wahrscheinlich noch nicht allzu viel ausrichten, selbst wenn er ein sehr guter ist. Andererseits können schlechte wohl auch nicht besonders verschlimmern. Tatsächlich finden sich in diesem Subsample der Trainer mit zwischen fünf und neun Spielen sowohl über- als auch unterdurchschnittlich gut abschneidende, wobei diejenigen, die weniger Punkte als erwartet holen, doch etwas stärker vertreten sind. Durchschnittlich holten diese 13 Trainer im Schnitt 0,23 Punkte pro Spiel weniger als erwartet. Das liegt wahrscheinlich daran, dass diese meist entweder bereits zu unter den Erwartungen spielende Mannschaften kamen und die Abwärtsspirale nicht mehr aufhalten konnten, oder sie waren punktemäßig wirklich schlecht und wurden nach einigen Runden entlassen (Kolvidsson, Grubor).

 Graphik 1

Wenn diese Trainer aus dem Sample entfernt werden, steigt die Korrelation bei den verbleibenden tatsächlich auf das gleiche Maß wie bei den Teams auf die gesamte Saison gerechnet. Kurzzeittrainer haben also kaum eine Möglichkeit, auf die Resultate ihres Teams einen positiven Einfluss zu nehmen. Das Limit, das man einem Trainer geben sollte, scheinen also in etwa zehn Spiele oder ein Saisonviertel zu sein. Dennoch erscheint es mir nicht sinnvoll, diese gänzlich aus den Untersuchungen auszuschließen; auch wenn man die Resultate erst nach einigen Wochen beurteilen sollte, kann die geleistete Arbeit auf lange Sicht durchaus aufschlussreich sein. Ricardo Moniz konnte beispielsweise nach seiner kurzen Amtszeit am Ende der Saison 2010/11 in der folgenden Spielzeit den (wenn auch schmeichelhaften, weil punkteschwachen) Meistertitel holen. Auch Zoran Barisic konnte offensichtlich die verbleibenden Spiele der Saison 2012/13 sinnvoll nützen, um den Grundstein für zwei überdurchschnittlich gute Folgejahre zu legen.

Die Punkte in Graphik 1 sind farblich unterschiedlich eingefärbt, je nach Verein, bei dem der jeweilige Trainer angestellt war. Dies soll eine erste Annäherung an die Frage ermöglichen, ob bestimmte Vereine eine besonders gute Nase bei der Trainerauswahl haben und kontinuierlich Overperformer anstellen. Die rein graphische Darstellung legt jedoch keine deutlichen Schlüsse nahe; von allen Verein finden sich Punkte sowohl über (gut) als auch unter (schlecht) der Regressionsgeraden. Auffällig ist allenfalls der braune Punkt zentral ganz oben im Diagramm, der die Meistersaison der Wiener Austria unter Peter Stöger repräsentiert; diese Saison war diejenige im Untersuchungszeitraum, in der die Erwartungen am meisten übererfüllt wurden (27 Punkte über dem Erwartungswert).

Im folgenden Schritt addiere ich für alle Trainer im Sample (wiederum mit mindestens fünf Spielen) die Punkte, die sie mehr geholt haben als erwartet werden konnte (das kann dementsprechend auch ein negativer Wert sein), und dividiere sie durch die Anzahl der Spiele, in denen sie als Cheftrainer verantwortlich waren. Die Ergebnisse dieses Schritts sind in Graphik 2 dargestellt und einigermaßen überraschend.

Graphik 2

An der Spitze des Rankings steht nämlich ein Coach, den dort wohl niemand erwartet hätte. Schließlich ist Ernst Baumeister im Sommer nur aus besonderen Umständen Coach der Admira geworden und war davor bereits in den Niederungen des Amateurfußballs verschwunden. Ein Teil seines guten Werts ist sicher darauf zurückzuführen, dass der diesjährige Höhenflug der Admira auf tönernen Füßen steht und wahrscheinlich nicht bis zum Saisonende andauern wird. Außerdem beruhen die Daten auf "nur" 20 Spielen und sind damit weniger aussagekräftig als die der Trainer, die im Ranking unmittelbar hinter ihm liegen.

Der wichtigste Grund dafür dürfte aber ein anderer sein. Ich habe für dieses Ranking das rechtliche Prinzip herangezogen und seine Amtszeit, genauso wie die von Walter Knaller, als eigenständige Amtszeiten gerechnet. Organisationssoziologisch korrekter wäre es wohl, sie mit jenen von Oliver Lederer zusammenzurechnen, der pro forma Assistenztrainer ist, tatsächlich aber wohl der entscheidende Akteur ist. Interessanterweise sind alle drei im positiven Bereich, konnten insgesamt also mehr Punkte holen als erwartet. Wenn man alle Spieler mit Lederer als Co-Trainer zusammenrechnet, liegt der Wert insgesamt 0,15 Punkte pro Spiel über dem Erwartungswert. In 89 Spielen macht das insgesamt 13 Punkte mehr. Über eine gesamte Saison gerechnet sind das fünf Punkte mehr als erwartet, was in Abstiegskämpfen durchaus ein nicht zu vernachlässigender Wert ist. Oliver Lederer scheint also tatsächlich ein großes Trainertalent zu sein und die Admira tut gut daran, ihn möglichst lange bei sich einzubinden.

Hinter Baumeister liegen im Ranking einige Trainer, die man dort eher erwartet hätte. Peter Stöger konnte nach zwei erfolgreichen Saisonen in Österreich seine Karriere in einer stärkeren Liga fortsetzen. Ihm folgt Paul Gludovatz, der seit Jahren bei der SV Ried äußerst erfolgreich arbeitet (und interessanterweise nie als Trainer zu einem größeren Klub wollte oder durfte). Auch sein langjähriger Co-Trainer Schweitzer belegt mit seinen Amtszeiten als Cheftrainer einen der vordersten Plätze. Es ist auch kein Zufall, dass die dahinter folgenden Trainer Foda, Fink, Schmidt und Barisic bei den großen Klubs der Liga angestellt waren. Dahinter folgt mit Damir Canadi der taktisch wahrscheinlich flexibelste derzeitige Bundesligacoach. Deutlich im Plus ist vielleicht auch etwas überraschend Peter Schöttel, der vor allem bei Rapid keine besonders guten Erinnerungen hinterließ, aber in jeder einzelnen Saison mehr Punkte holte als erwartet. Aufgrund der Tatsache, dass keiner der besten Trainer dieser Wertung derzeit arbeitslos ist, kann man schließen, dass der Trainermarkt in Österreich einigermaßen effizient funktioniert (mit Ausnahme von Peter Hyballa, aber das hatte wohl andere Gründe).

Dasselbe gilt sinngemäß für die Trainer am anderen Ende der Wertung. Keiner der Trainer, die 0,25 oder mehr Punkte pro Spiel unter dem Erwartungswert liegen, ist derzeit in Amt und Würden. Diejenigen unter ihnen, die nur interimistisch tätig waren (Schopp, Ogris) wurden wohl zu Recht nicht langfristig beschäftigt. Die Amtszeiten aller anderen dauerten hingegen selbst nie länger als eine Saison. Auch wenn es bei ihnen nicht immer nur eigenes Unvermögen war, haben Vereine doch gemerkt, dass sie zumindest auch nicht überdurchschnittlich sind und haben dementsprechend oft schnell reagiert. Warum sie diese Coaches überhaupt eingesetzt haben, ist hingegen eine andere Frage.

Insgesamt zeigt sich, dass es mehr schlechter abschneidende Coaches als bessere gibt. Der Medianwert der 45 Coaches beträgt -0,03, das heißt, dass mehr als die Hälfte der Trainer weniger Punkte pro Spiel holte als erwartet. Wenn wir als (willkürliche) Grenze festlegen, dass ein sehr guter Coach mindestens 0,2 Punkte pro Spiel mehr holt als erwartet, bleiben abzüglich Baumeister nur fünf Trainer übrig (also 11%). Von Trainern mit mehr als 20 absolvierten Spielen erreichen nur 8 mehr als 0,06 Punkte über dem Erwartungswert, liegen also außerhalb des Standardfehlers der Punkteerwartung, also knapp 18% (insgesamt waren 31 Trainer für mindestens 20 Spiele im Amt, das wären also 26%. Da die weniger als 20 Spiele bestritten haben jedoch auch tendenziell die schwächeren Trainer sind, kann man durchaus alle 45 mitrechnen). Dazu muss gesagt werden, dass 0,06 Punkte pro Spiel auf die gesamte Saison gerechnet lediglich zwei Punkte sind, also der Unterschied zwischen einem Sieg und einem Remis. Dieser Wert deckt sich in etwa mit den Berechnungen des Ökonomen Stefan Szymanski, der davon ausgeht, dass maximal 20% der Profitrainer einen statistisch signifikanten positiven Einfluss auf die Ergebnisse ihrer Mannschaften haben. Natürlich kann ein Trainer einmal ein gutes Halbjahr oder sogar eine gute komplette Saison haben, aber über einen längeren Zeitraum sind die meisten eben durchschnittlich.

Es ist für Klubs in der obersten Liga also schwierig, Trainer zu finden, die kontinuierlich bessere Ergebnisse einfahren und bereits Erfahrung in der Liga gesammelt haben. Dazu kommt, dass diejenigen, auf die das zutrifft, bereits vergeben sind und zudem auch ins Ausland gehen (Stöger, Schmidt). Wenn ein Trainer danach auch noch in punkto Spielphilosophie und Transferpolitik zum Klub passen soll, wird es vor allem für kleinere Vereine beinahe unmöglich, einen Trainer mit Bundesligaerfahrung zu bekommen. Klubs müssen dementsprechend ihr Blickfeld erweitern und entweder in niedrigere Spiellassen schauen (wo sich beispielsweise Damir Canadi hervorragend schlug, bis er eine Chance weiter oben bekam) oder in ausländische Ligen, die niedriger einzuschätzen sind als die österreichische und deren Personal deshalb bereit ist, hierher zu kommen (zum Beispiel Thorsten Fink, wobei der natürlich auch schon weiter oben gearbeitet hat).

Graphik 3

Dass der Trainermarkt einigermaßen effizient funktioniert, gute Trainer also lange im Amt sind und weniger gute dementsprechend weniger, zeigt auch Graphik 3. Tendenziell stehen Trainer an der Seitenlinie, solange sie mehr Punkte holen als erwartet. Natürlich gibt es auch einige unterhalb der Regressionsgeraden, aber das ist logisch (sonst wäre es keine Regressionsgerade). Aber wirklich verstörend wäre es nur, wenn Coaches in diesem Diagramm weit rechts und weit unten aufschienen. Das jedoch ist nicht der Fall. Von den Trainern mit mehr als 55 Spielen (der natürliche Logarithmus davon ist 4, also in der Graphik Bjelica, Canadi und Knaller sowie alle rechts davon) holte keiner weniger als 0,25 Punkte pro Spiel unter dem Erwartungswert. Die meisten von ihnen holen in etwa so viele Punkte wie man erwarten kann. Von denen, die mehr Punkte als erwartet holten und die weniger Spiele im Amt waren, sind die meisten entweder Interimstrainer, der bereits erwähnte Sonderfall Lederer/Baumeister oder Thorsten Fink, der aus logischen Gründen noch keine lange Amtszeit haben kann, allerdings wahrscheinlich eine haben wird. Vereine sind bei der Trainerauswahl also weitgehend rational, wenn man Punkteausbeute als Indikator für die eigenen Ziele herannimmt.

Damit kommen wir zu Unterschieden zwischen den Verein, was die Trainerausbeute betrifft. Graphik 4 vergleicht die Vereine, die in den letzten fünf Saisonen in der Bundesliga vertreten waren, und zeigt, wie viele Punkte die Trainer in diesem Vereine mehr oder weniger geholt haben als man erwarten konnte. Die schwarzen Querlinien in den Boxplots weisen auf die Medianwerte hin, die blauen Punkte auf die Durchschnittswerte. Unterschiede zwischen Median und Durchschnitt weisen auf ungleiche Verteilungen hin, was jedoch bei niedrigen Fallzahlen kein Wunder ist. Geordnet sind die Klubs der Größe nach dem Mittelwert.

Graphik 4

Es zeigt sich, dass einige Vereine durchaus regelmäßig bei der Trainerauswahl richtig liegen. An der Spitze liegt der SCR Altach, der wie schon gezeigt der effizienteste Klub der letzten Spielzeiten in der Liga ist und daher wenig überraschend auch diese Wertung anführt, auch weil er bisher nur einen einzigen Trainer im Untersuchungszeitraum hatte. Sollte Canadi einmal einen wohlverdienten Vertrag bei einem höheren Verein unterschreiben, wird es spannend zu beobachten, ob Altach da ein einmaliger Glücksgriff gelungen ist oder ob mehr dahintersteckt. Das kann man beispielsweise mit einiger Sicherheit schon von der Admira behaupten, die zwar auch einige Ausreißer nach unten hatte, allerdings seit Jahren mit einer der nominell schwächsten Mannschaften in der Liga verbleibt und auch immer wieder gute junge Spieler durchbringt. Auch Rapid und Ried muss man positiv erwähnen, obwohl beiden einmal im Untersuchungszeitraum ein recht grober Schnitzer passiert ist (Pacult und Kolvidsson, repräsentiert durch einzelne Punkte weit unterhalb der Boxplots). Dahinter beginnt das Mittelfeld, Klubs deren Trainer in etwa so abschnitten, wie man annehmen konnte (das sind wie wir gesehen haben auch die meisten). Dieses Mittelfeld umfasst Grödig, Sturm, Wiener Neustadt und Salzburg (das generell in all diesen Wertungen vielleicht etwas zu schlecht wegkommt, da sie nur Meisterschaftsspiele berücksichtigen, Salzburg jedoch auch im Cup und international während der letzten fünf Jahre mehr erreichte als irgendein anderer Klub der Liga).

Mit der Wiener Austria beginnen die Nachzügler. Ihre Werte sind insgesamt schon recht weit unter der Nulllinie, allerdings gelang ihr auch die Saison mit dem besten Wert über den Erwartungen. Dass ihr Peter Stöger und seine Rekordsaison jedoch eher passiert ist als dass es so geplant war, zeigen die fünf Trainer in den zweieinhalb Jahren seit seinem Abgang.

Hinter der Wiener Austria wiederum liegen die Klubs, die eindeutig zu häufig falsch lagen bei ihren Trainerentscheidungen. Vier der fünf Teams sind in der Zwischenzeit abgestiegen, das fünfte ist in akuter Abstiegsgefahr. Dass das nicht immer nur die Schuld der Trainer sein wird, zeigt das Beispiel LASK, der lediglich eine einzige Saison im Untersuchungszeitraum in der obersten Liga spielte. In dieser Spielzeit verheizte er drei Trainer, die allesamt zwischen knapp einem halben und knapp einem ganzen Punkt unter den Erwartungen lagen. Wenn alle Trainer derartig daneben liegen, könnte es durchaus noch andere Gründe für die sportliche Misere geben.

 
Graphik 5

Der LASK ist dementsprechend auch der negative Höhepunkt der letzten Graphik dieses Beitrags. Zwar hat er sowohl viele Trainer verbraucht als auch wenige Punkte geholt, allerdings das noch dazu in einem besonders hohen Ausmaß. Bei keinem anderen Verein wurden die Trainer in den letzten Jahren so schnell verschlissen wie beim LASK im Abstiegsjahr, selbst beim Trainerfriedhof in Favoriten konnten sie sich im Schnitt doppelt so lange halten (was immer noch mehr im Schnitt mehr als einen Trainerwechsel pro Saison bedeutet).

Es zeigt sich jedenfalls, dass sich richtige Entscheidungen auf dem Trainersektor, die personelle Kontinuität auf dieser Position ermöglichen, generell auszahlen. Je länger die Trainer bei einem Verein im Amt sind, desto mehr Punkte holen sie auch über dem Erwartungswert (mit Ausnahme von Mattersburg, dort ticken die Uhren offensichtlich etwas anders). Altach beispielsweise zeigt, dass man beim Festhalten am Trainer, auch wenn es zeitweise wie heuer zu Saisonbeginn punktemäßig nicht besonders gut läuft, mindestens gleich gut fährt wie mit dem Prinzip Hire and Fire (was wiederum zumindest teilweise daran liegt, dass die meisten Trainer eben keine besonders gute Punkteausbeute haben). Auch Wiener Neustadt konnte sich mit Geduld und Kontinuität lange Zeit in der obersten Liga halten und damit viele besser eingeschätzte Konkurrenten, die eher der "Logik" des Fußballgeschäfts folgten, hinter sich lassen.

Natürlich ist das nicht notwendigerweise eine derart kausale Beziehung. Es ist auch gleich denkbar, dass die Trainer im Amt bleiben, weil sie Punkte holen, und nicht Punkte holen, weil sie im Amt sind. Mit den Daten, die ich zur Verfügung habe, kann ich die Richtung des Kausalpfeils nicht determinieren, vor allem, weil eben tatsächlich oder vermeintlich schlechte Trainer frühzeitig ausgesiebt werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Trainer durchaus eine Rolle spielen können beim Zusammenkommen der Ergebnisse der Teams, die sie betreuen. Allerdings trifft das längst nicht auf alle zu; die meisten von ihnen holen in etwa so viele Punkte, wie man von der betreuten Mannschaft auch erwarten kann (zumindest langfristig). Bei den meisten gleichen sich gute und schlechte Spielzeiten aus. Nur wenigen gelingt es, dauerhaft über den Erwartungen zu bleiben. Diese sind dann entweder langfristig beschäftigt, gehen ins Ausland oder sind zu alt (Gludovatz), um anderen Klubs, die auf Trainersuche sind, zu Hilfe zu kommen. Dies macht diese Trainersuche in einem kleinen Markt wie Österreich umso schwerer, vor allem kleine Klubs müssen dabei also innovative Strategien anwenden, um dauerhaft die Erwartungen zu übertreffen.

Sonntag, 3. Januar 2016

Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Stärke und sportlichem Erfolg: Marktwert

Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Stärke und sportlicher Leistung von Fußballklubs ist mittlerweile ein allgemein bekanntes Faktum. Über je mehr Ressourcen ein Verein verfügt, umso besser schneidet er tendenziell punktemäßig ab. Der Economist hat errechnet, dass die Korrelation zwischen den Ausgaben für Spielergehälter und Punkten am Ende der Saison in der englischen Premier League zwischen den Jahren 1996 und 2014 0,55 betrug, also ein recht hohes Maß erreicht. Gemäß den Berechnungen des Ökonomen Stafan Szymanski in seinem Buch Money and Soccer. A Soccernomics Guide erreicht die Korrelation zwischen den beiden Variablen im selben Wettbewerb sogar noch höhere Ausmaße, und wuchs außerdem im Verlauf der vergangenen Jahre (seit der Gründung der Premier League in der heutigen Form 1992) noch an.

Die kausale Verbindung zwischen den ökonomischen Möglichkeiten und dem sportlichen Abschneiden ist klar: Je mehr Geld ein Team zur Verfügung hat, umso bessere Spieler kann es sich leisten, die dementsprechend bessere Resultate einfahren und am Schluss der Saison in der Tabelle weiter oben stehen als Teams mit weniger Ressourcen. Diese Beobachtung basiert auf der Annahme, dass Teams zumindest in einem gewissen Rahmen rational handeln, also nicht übermäßig viel Geld für unterdurchschnittliche Spieler ausgeben beziehungsweise auch gute Spieler nicht zu schlecht bezahlen. Die Tatsache allerdings, dass die Korrelation zwar stark, jedoch nicht perfekt (also bei 1) ist, weist darauf hin, dass wirtschaftliche Stärke zwar der wichtigste, aber nicht der einzige Prädikator für sportlichen Erfolg ist. Es gibt jedoch durchaus Marktineffizienzen und andere Faktoren wie simples Glück oder Pech, Verletzungen sowie die Qualität des Trainers können eine Rolle spielen (man denke nur an die derzeitige Saison von Chelsea FC).

Die Tatsache, dass diese Erkenntnisse vor allem auf Daten aus dem englischen Fußball beruhen, liegt daran, dass es in England weit mehr Transparenz der Klubfinanzen gibt und deshalb deren Bilanzen bis weit in vergangene Jahrzehnte zurück vorliegen (Szymanskis Berechnungen fußen auf Daten aus dem Zeitraum 1958 bis 2013 aus den ersten vier englischen Ligen). Auch die amerikanische Major League Soccer ist zumindest bezüglich der Spielergehälter ein Vorreiter. Im österreichischen Klubfußball ist diesbezüglich doch ein Defizit festzustellen, dass erst in den letzten Jahren langsam geschlossen wird. Seit einigen Saisonen veröffentliche das Onlinemagazin 90minuten wirtschaftliche Kenndaten der Klubs der ersten und zweiten Bundesliga. Damit existiert die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen Möglichkeiten und sportlichem Erfolg im österreichischen Klubfußball zu untersuchen.

Dieser Beitrag analysiert diesen Zusammenhang in zwei Teilen. In diesem ersten Teil benütze ich als Indikator für wirtschaftliche Stärke den Marktwert der Teams laut der Website Transfermarkt. Dieser Wert ist, wie ich in einem früheren Beitrag gezeigt habe, ebenfalls ein guter Prädikator für den sportlichen Erfolg im Klubfußball. Im zweiten Teil untersuche ich dann den Zusammenhang zwischen Umsatz beziehungsweise Personalkosten und dem sportlichen Erfolg. In beiden Teilen werde ich basierend auf den Ergebnissen Prognosen für die Punktausbeute in der laufenden Saison aufstellen und mit dem derzeitigen Abschneiden vergleichen. Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten beiden Teile werde ich zudem in einem separaten Beitrag die Rolle der Trainer analysieren und aufzeigen, welche kontinuierlich mehr Punkte als erwartet holen, welche im erwarteten Bereich liegen und welche darunter. Alle Berechnungen beziehen sich dabei lediglich auf die Bundesliga, möglicherweise werde ich auch in Zukunft die Erste Liga in die Analysen miteinbeziehen.

Der Marktwert eines Teams basiert zwar lediglich auf Schätzungen und ist deshalb kein objektiver Wert, funktioniert allerdings wie bereits recht gut als Indikator für die Qualität eines Teams. Die Logik funktioniert gleich wie bei Umsatz und Gehaltsausgaben; Teams mit mehr wirtschaftlichen Möglichkeiten können bessere Spieler verpflichten beziehungsweise gute Spieler länger halten, weshalb sie sportlich besser abschneiden. Im Gegensatz dazu haben Teams mit weniger zur Verfügung stehenden Mitteln tendenziell qualitativ niedrigere Kader, was sich in niedrigeren Punktzahlen am Saisonende widerspiegelt.

Für die vorliegende Analyse ziehe ich den Durchschnittsmarktwert eines Teams im September einer jeden Saison heran. Zu diesem Zeitpunkt ist das Sommertransferfenster geschlossen, weshalb dieser Wert derjenige ist, mit dem der Großteil der Spiele bestritten werden muss, ohne durch Transfer (egal ob Zu- oder Abgänge) die Qualität des Kaders beeinflussen zu können (mit Ausnahme bereits zuvor vereinsloser Spieler). Zwar ändert sich der Durchschnittsmarktwert eines Teams im Laufe der Saison, allerdings sind diese marginal und korrelieren mit der abhängigen Variable, der sportlichen Performance. Wenn ein Team eine gute Saison spielt, steigt tendenziell auch sein Marktwert. Diese Veränderungen in die Berechnungen miteinzubeziehen hieße also möglicherweise, den Zusammenhang zu überschätzen. Der Untersuchungszeitraum in diesem Fall sind die Saisonen zwischen 2010 und 2015, weshalb ich genau 50 Untersuchungseinheiten habe (fünf Saisonen mit jeweils fünf Teams). Der Durchschnittsmarktwert wurde aufgrund der nicht-normalen Verteilung logarithmiert.

Graphik 1 zeigt den Zusammenhang zwischen dem logarithmierten Durchschnittsmarktwert und den Punkten am Ende der Saison. Die blaue Linie zeigt die lineare Regressionsgerade, die grauen Schatten 95%-Konfidenzintervalle. Der Zusammenhang ist statistisch höchst signifikant, wie nicht anders zu erwarten war. Die Korrelation wiederum erreicht ein Niveau ähnlich dem der Berechnung des Economist. Gut die Hälfte der Varianz der Punkteanzahl der Teams kann mittels des Marktwerts erklärt werden. Die Punkte in der Graphik wurden je nach Team unterschiedlich eingefärbt, um bereits erste Rückschlüsse zu ermöglichen, welche Klubs mehr oder weniger Punkte als erwartet holten. Tendenziell finden sich bei allen Teams Punkte sowohl unter als auch über der Regressionslinie, sie spielten also sowohl über- als auch unterdurchschnittliche Spielzeiten in Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten.

Graphik 1

Einige der prominentesten Ausreißer nach oben (Teams deren Punkte in der Graphik sehr weit links und weit über der blauen Linie finden) sind Aufsteiger. Teams wie die Admira, Altach und Grödig holten in ihren jeweils ersten Jahren in der Liga in diesem Zeitraum weit mehr Punkte als erwartet. Im Durchschnitt holten die fünf Aufsteiger knapp 17 Punkte mehr in ihrer Premierensaison als ein Team mit gleichem Marktwert geholt hätte. Dieser Umstand wird bei den Prognosen beachtet.

Aufbauend auf einem Regressionsmodell, in dem ich die Punkteanzahl jedes Teams am Saisonende sowohl auf den Durchschnittsmarktwert als auch auf eine Dummy-Variable für die Aufsteiger regressiere, lässt sich für jede Saison für jedes Team die finale Punktezahl prognostizieren und diese mit den tatsächlich erreichten Punkten vergleichen. Diese Differenz summiert für jeden Verein während der fünf Spielzeiten zeigt Graphik 2.

Graphik 2

Am meisten Punkte über den Erwartungen holte dabei Altach, die nicht nur besser als die ohnehin ständig guten Aufsteiger abschnitt, sondern dank eines starken Finish im Herbst wiederum über den Erwartungen liegt. Die SV Ried ist ebenfalls ein konstanter Overperformer. Von den „großen Vier“ sind Sturm und Rapid unter den Teams mit einem positiven Saldo, dazu kommt noch Wiener Neustadt, das sich erstaunlich lange in der obersten Spielklasse halten konnte. Die verbleibenden neun Vereine holten zwischen 2010 und 2015 allesamt insgesamt weniger Punkte als erwartet, wobei die Unterschiede für die meisten im vernachlässigbaren Bereich liegen (etwas Streuung ist bei derartigen Prognosen nicht zu vermeiden, vor allem in einem Spiel wie Fußball, in dem Zufall, Glück, Pech und knappe Entscheidungen eine derart wichtige Rolle spielen). Außerdem können Durchschnittswerte wie die in Graphik 2 auch etwas täuschen; so ist die Wiener Austria zwar insgesamt unterdurchschnittlich, allerdings auch für die beste Saison im gesamten Untersuchungszeitraum verantwortlich (+26,5 Punkte in der Meistersaison 2012/13). Problematische Ausmaße bei der Differenz zwischen erwarteten und tatsächlichen Punkten lösen sich zudem von selbst; die vier schlechtesten Teams in Graphik 2 sind allesamt innerhalb des Untersuchungszeitraums abgestiegen, die nächsten beiden sind zudem für heuer heiße Abstiegskandidaten (die Admira ist für heuer keineswegs über den Berg).

Die Prognosen für die heurige Saison sind in Graphik 3 dargestellt. Neben der prognostizierten Punkteanzahl enthält die Graphiken Fehlerbalken. Diese markieren den Bereich, innerhalb dessen das Team zum Ende der Saison mit 95%iger Wahrscheinlichkeit punktemäßig liegen wird.

 
Graphik 3
 
Die Prognosen lassen eine relativ deutliche Zweiteilung der Liga erkennen. An der Spitze liegt Salzburg, das noch einmal einen Sonderfall darstellt und in jedem Jahr weit vor allen anderen Teams in Bezug auf den Durchschnittsmarktwert liegt. Um nicht Meister zu werden, muss man nicht nur selbst weit unter den Erwartungen liegen, sondern es muss auch ein anderes Team weit über den Möglichkeiten spielen, wie es im Untersuchungszeitraum Sturm 2010/11 und der Wiener Austria 2012/13 gelang. Es ist relativ sicher zu sagen, dass trotz des derzeit noch bestehenden Unterschieds zwischen erwarteten und geholten Punkten (siehe Graphik 4) auch in dieser Saison der Meister wieder Salzburg heißen wird, was sich auch mit anderen Prognosen deckt. Dahinter sind die restlichen „großen Vier“ sowie Mattersburg, das aufgrund der guten Performance der bisherigen Aufsteiger sehr hoch bewertet wird und durchaus um den Europacup mitspielen könnte. 

In der zweiten Hälfte der prognostizierten Tabelle spielen die Teams im Wesentlichen allesamt gegen den Abstieg. Der Erwartungsbereich aller Teams überschneidet sich, womit grundsätzlich viel möglich ist, was sich auch in der derzeitigen Tabellensituation widerspiegelt. Die derzeit weiter vorne befindlichen Teams sind interessanterweise eher die, die am niedrigsten bewertet werden, während sich die beiden am höchsten eingeschätzten Teams aus der zweiten Tabellenhälfte (Ried und Wolfsberg) am Tabellenende wiederfinden. 

Damit kommen schon wir zur letzten Graphik des Beitrags. Graphik 4 zeigt den Unterschied zwischen der Anzahl an Punkten, die für den derzeitigen Zeitpunkt prognostiziert wurden, und den tatsächlich erreichten Punkten und ordnet die zehn Teams dementsprechend. 

 Graphik 4

Wir sehen, dass gut die Hälfte der Teams mehr Punkte geholt hat als erwartet (dies ist möglich, weil Fußballergebnisse seit Einführung der Dreipunktregel kein Nullsummenspiel mehr sind). Die größte positive Differenz weist dabei die Admira auf, die mehr als zehn Punkte über den Erwartungen geholt hat. So wie im Fall von Grödig sind das Punkte, die im Abstiegskampf von entscheidender Bedeutung sein könnten. Auch die beiden Wiener Vereine konnten mehr Punkte einfahren als erwartet, Altach wie bereits erwähnt ebenso. Sturm liegt hingegen im Bereich des Erwarteten. Auf der anderen Seite liegen Ried und Wolfsberg am Tabellenende, weil die Ergebnisse schlechter waren als erwartet. Das heißt allerdings nicht, dass sie unbedingt schlechter sind als die anderen Teams. Wie ich bereits mehrfach erwähnte, sind Ergebnisse nur schwache Abbilder der tatsächlichen Leistungen und können deshalb über die tatsächliche Qualität eines Teams täuschen. Deshalb ist wohl auch im Abstiegskampf noch vieles möglich.

Mattersburg performt interessanterweise etwas besser (circa drei Punkte) als man von einem Team mit diesem Marktwert erwarten würde, fällt allerdings im Vergleich mit den anderen bisherigen Aufsteigern etwas ab. Es wird sich weisen, ob sie die Serie der starken Aufsteiger im Frühjahr fortsetzen können und dementsprechend in dieser Wertung noch nach oben klettern. Im Falle von Salzburg wiederum erscheint der Trainerwechsel zumindest in Bezug auf die Punkteausbeute gerechtfertigt zu sein.

Dienstag, 1. Dezember 2015

Wolfsberg war nicht so schlecht, wie es der Tabellenplatz aussagte

Der letzte Tabellenplatz sei ausschlaggebend gewesen für den Trainerwechsel, sagte WAC-Präsident Riegler zu dessen Gründen. Man habe nicht so schlecht gespielt, letztlich aber die Ergebnisse nicht eingefahren und deshalb auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht. Das Ruder herumzureißen und wieder bessere Ergebnisse einzufahren, traute man Coach Kühbauer nicht mehr zu, weshalb er durch Heimo Pfeifenberger ersetzt wurde. Diese Entscheidung scheint durch den klaren Sieg bestätigt zu werden. Was allerdings nach Trainereffekt aussieht, ist vielmehr ein typisches Beispiel der Regression zur Mitte, gleichermaßen für Wolfsberg wie für die Admira. Wie einige Zahlen zeigen, waren die Ergebnisse der Kärntner schlechter, als sie aufgrund der gezeigten Leistungen sein sollten, holte die Admira weit mehr Punkte als man aufgrund ihrer Leistungsdaten erwarten sollte. Solche Glücks- oder Pechsträhnen tendieren dazu, nicht besonders nachhaltig zu sein und nach einiger Zeit wieder zu enden, wonach sich die Ergebnisse wieder im Bereich ansiedeln. 

Die erste Graphik zeigt die Teams der Liga gemäß ihrer bisherigen Schussstatistiken. Schüsse und ihre Qualität sind einer der wichtigsten Prädikatoren zukünftiger Leistungen, weshalb diese Analyse am meisten über das bisherige Leistungsniveau der Klubs, unabhängig von Toren und Punkten, aussagen kann. Das linke Diagramm vergleicht alle abgegebenen und zugelassenen Schüsse der zehn Vereine, während das rechte nur diejenigen aus der Gefahrenzone (bis zur Strafraumlinie verlängerter Fünfmeterraum) berücksichtigt, die eine weit höhere Wahrscheinlichkeit haben, im Tor zu landen, und deshalb besonders wertvoll sind (siehe auch mein letztmonatiger Beitrag zum Thema Schusslokalisierung, in dem ich übrigens bereits einmal den Klassenerhalt des WAC prophezeite). Berücksichtigt wurden nur die ersten 16 Runden der Liga (also vor dem Trainerwechsel). Die vertikalen und horizontalen Linien zeigen ligaweite Durchschnittswerte an, die Daten des WAC sind jeweils rot hervorgehoben.

Graphik 1
Bei allen abgegeben Schüssen ist Wolfsberg ein ziemlicher Mittelständer. Man gibt knapp unterdurchschnittlich viele Schüsse ab, lässt allerdings auch weniger zu als das durchschnittliche Bundesligateam. Aus der linken Graphik lässt sich ablesen, dass der WAC bislang in etwa am fünftbesten spielte. Bei den Schüssen aus der Gefahrenzone ist der Befund etwas differenzierter. Hier zeigt Wolfsberg unter Kühbauer vor allem defensive Schwächen und lässt die viertmeisten Schüsse zu. Allerdings war man auch in dieser Hinsicht offensiv stark und liegt über dem Ligaschnitt. Es zeigt sich also, dass Wolfsberg keinesfalls das schlechteste Team der Liga ist, also zu Unrecht am Tabellenende steht. Natürlich ist Fußball generell ein ungerechter Sport, allerdings sind noch genug Spiele zu absolvieren, in denen die Ergebnisse sich weiter den Leistungen anpassen können.

Graphik 2
Dennoch steht der WAC hinten drinnen und rittert gegen den Abstieg, der wohl auch die Admira, Grödig und Altach bedroht (Mattersburg wird es dieses und nächstes Jahr nicht erwischen, wenn das bisherige Muster der Aufsteiger anhält). Wie performte das Team allerdings im Vergleich mit den direkten Konkurrenten während Kühbauers Amtszeit? Es könnte ja sein, dass auch die Konkurrenz hauptsächlich unter den eigenen Möglichkeiten spielte und Wolfsbergs "Vorteil"dementsprechend keiner wäre. Die Antwort darauf geben die Graphiken 2 und 3. Diese zeigen den Längsschnittsverlauf der beiden Leistungsindikatoren STR und TSR der vier am Abstiegskampf beteiligten Klubs, jeweils in den Vereinsfarben. In beiden Fällen zeigt sich, dass der WAC von den vier Teams ab Runde sechs, also sobald die Daten eine gewisse Aussagekraft haben, immer das beste oder zweitbeste Team war. Bei der TSR lag man sogar als einziges Team knapp im positiven Bereich. Es ist auch bei beiden kein klarer Trend nach oben oder unten zu beobachten, die Leistungen der Lavanttaler stagnierten also weitgehend nach Runde neun. Die Unterschiede zwischen den Teams sind zwar auf den ersten Blick marginal, können im Laufe des Abstiegskampfes, in dem einzelne Tore meisterschaftsentscheidende Bedeutung haben können, große Auswirkungen haben.

Graphik 3
Warum also lag und liegt der WAC also ganz unten in der Tabelle? Diese Frage beantwortet Graphik 4. Sie zeigt den zeitlichen Verlauf des PDO-Werts der Kärntner. Er liegt während der ganzen Saison konstant und relativ weit unter 1 (bzw. 1000), also schlechter als der Ligaschnitt. Dies zeigt an, dass die Anzahl an eigenen Schüssen, die ins Tor gehen, niedriger ist als die der gegnerischen. Ob das an Pech oder Zufall liegt oder eher tiefergehende Ursachen hat, kann nicht abschließend gesagt werden. Die Tatsache, dass Wolfsberg allerdings ganz gute Torchancen herausspielt, wie Graphik 1 zeigt, und nicht allzu viele davon zulässt, weist jedoch durchaus darauf hin, dass bei der Entstehung der bisherigen Ergebnisse Pech eine durchaus nicht vernachlässigbare Rolle gespielt hat. Diese Rolle wird mit der steigenden Anzahl der Spiele schrumpfen, was zwar nicht heißt, dass ein Abstieg der Kärntner unmöglich ist, aber doch weit weniger unausweichlich, als man den Äußerungen des Präsidenten glauben könnte.

Graphik 4
Wolfsberg wäre in der Tabelle wohl wieder nach oben geklettert, ob mit oder ohne Trainerwechsel. Die Schussdaten der Kärntner sind zu stark, als dass sie die gesamte Ligasaison hindurch gegen den Abstieg spielen müssten. Umgekehrt stehen Grödig und der Admira noch schwere Zeiten bevor. Wie allerdings Didi Kühbauer nicht allzu viel Anteil am letztjährigen Höhenflug des WAC hatte (damals stand man beispielsweise bei einem PDO von 1150, nachdem man in Runde 8 die Tabellenführung übernommen hatte), so kann man ihm auch den Negativlauf bis zu seiner Entlassung nicht besonders vorwerfen. Er wurde also für Dinge gefeuert, die weitgehend außerhalb seines Einflussbereiches waren. Und das ist tatsächlich ein Problem.