Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Stärke und
sportlicher Leistung von Fußballklubs ist mittlerweile ein allgemein bekanntes
Faktum. Über je mehr Ressourcen ein Verein verfügt, umso besser schneidet er
tendenziell punktemäßig ab. Der Economist
hat errechnet,
dass die Korrelation zwischen den Ausgaben für Spielergehälter
und Punkten am Ende der Saison in der englischen Premier League zwischen den
Jahren 1996 und 2014 0,55 betrug, also ein recht hohes Maß erreicht. Gemäß den
Berechnungen des Ökonomen Stafan Szymanski in seinem Buch Money
and Soccer. A Soccernomics Guide erreicht die Korrelation zwischen den
beiden Variablen im selben Wettbewerb sogar noch höhere Ausmaße, und wuchs außerdem
im Verlauf der vergangenen Jahre (seit der Gründung der Premier League in der heutigen
Form 1992) noch an.
Die kausale Verbindung zwischen den ökonomischen
Möglichkeiten und dem sportlichen Abschneiden ist klar: Je mehr Geld ein Team
zur Verfügung hat, umso bessere Spieler kann es sich leisten, die
dementsprechend bessere Resultate einfahren und am Schluss der Saison in der
Tabelle weiter oben stehen als Teams mit weniger Ressourcen. Diese Beobachtung
basiert auf der Annahme, dass Teams zumindest in einem gewissen Rahmen rational
handeln, also nicht übermäßig viel Geld für unterdurchschnittliche Spieler
ausgeben beziehungsweise auch gute Spieler nicht zu schlecht bezahlen. Die
Tatsache allerdings, dass die Korrelation zwar stark, jedoch nicht perfekt
(also bei 1) ist, weist darauf hin, dass wirtschaftliche Stärke zwar der
wichtigste, aber nicht der einzige Prädikator für sportlichen Erfolg ist. Es gibt
jedoch durchaus Marktineffizienzen und andere Faktoren wie simples Glück oder Pech,
Verletzungen sowie die Qualität des Trainers können eine Rolle spielen (man
denke nur an die derzeitige Saison von Chelsea FC).
Die Tatsache, dass diese Erkenntnisse vor allem auf Daten
aus dem englischen Fußball beruhen, liegt daran, dass es in England weit mehr
Transparenz der Klubfinanzen gibt und deshalb deren Bilanzen bis weit in
vergangene Jahrzehnte zurück vorliegen (Szymanskis Berechnungen fußen auf Daten
aus dem Zeitraum 1958 bis 2013 aus den ersten vier englischen Ligen). Auch die
amerikanische Major League Soccer ist zumindest bezüglich der Spielergehälter ein
Vorreiter. Im
österreichischen Klubfußball ist diesbezüglich doch ein Defizit festzustellen,
dass erst in den letzten Jahren langsam geschlossen wird. Seit einigen Saisonen
veröffentliche das Onlinemagazin 90minuten
wirtschaftliche Kenndaten der Klubs der ersten und zweiten Bundesliga. Damit
existiert die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen
Möglichkeiten und sportlichem Erfolg im österreichischen Klubfußball zu
untersuchen.
Dieser Beitrag analysiert diesen Zusammenhang in zwei Teilen.
In diesem ersten Teil benütze ich als Indikator für wirtschaftliche Stärke den
Marktwert der Teams laut der Website Transfermarkt.
Dieser Wert ist, wie ich in einem früheren Beitrag
gezeigt habe, ebenfalls ein guter Prädikator für den sportlichen Erfolg im
Klubfußball. Im zweiten Teil untersuche ich dann den Zusammenhang zwischen
Umsatz beziehungsweise Personalkosten und dem sportlichen Erfolg. In beiden
Teilen werde ich basierend auf den Ergebnissen Prognosen für die Punktausbeute
in der laufenden Saison aufstellen und mit dem derzeitigen Abschneiden
vergleichen. Aufbauend auf den Ergebnissen der ersten beiden Teile werde ich
zudem in einem separaten Beitrag die Rolle der Trainer analysieren und
aufzeigen, welche kontinuierlich mehr Punkte als erwartet holen, welche im
erwarteten Bereich liegen und welche darunter. Alle Berechnungen beziehen sich
dabei lediglich auf die Bundesliga, möglicherweise werde ich auch in Zukunft
die Erste Liga in die Analysen miteinbeziehen.
Der Marktwert eines Teams basiert zwar lediglich auf
Schätzungen und ist deshalb kein objektiver Wert, funktioniert allerdings wie
bereits recht gut als Indikator für die Qualität eines Teams. Die Logik
funktioniert gleich wie bei Umsatz und Gehaltsausgaben; Teams mit mehr
wirtschaftlichen Möglichkeiten können bessere Spieler verpflichten beziehungsweise
gute Spieler länger halten, weshalb sie sportlich besser abschneiden. Im
Gegensatz dazu haben Teams mit weniger zur Verfügung stehenden Mitteln
tendenziell qualitativ niedrigere Kader, was sich in niedrigeren Punktzahlen am
Saisonende widerspiegelt.
Für die vorliegende Analyse ziehe ich den Durchschnittsmarktwert
eines Teams im September einer jeden Saison heran. Zu diesem Zeitpunkt ist das
Sommertransferfenster geschlossen, weshalb dieser Wert derjenige ist, mit dem
der Großteil der Spiele bestritten werden muss, ohne durch Transfer (egal ob
Zu- oder Abgänge) die Qualität des Kaders beeinflussen zu können (mit Ausnahme bereits
zuvor vereinsloser Spieler). Zwar ändert sich der Durchschnittsmarktwert eines
Teams im Laufe der Saison, allerdings sind diese marginal und korrelieren mit
der abhängigen Variable, der sportlichen Performance. Wenn ein Team eine gute
Saison spielt, steigt tendenziell auch sein Marktwert. Diese Veränderungen in
die Berechnungen miteinzubeziehen hieße also möglicherweise, den Zusammenhang
zu überschätzen. Der Untersuchungszeitraum in diesem Fall sind die Saisonen
zwischen 2010 und 2015, weshalb ich genau 50 Untersuchungseinheiten habe (fünf
Saisonen mit jeweils fünf Teams). Der Durchschnittsmarktwert wurde aufgrund der
nicht-normalen Verteilung logarithmiert.
Graphik 1 zeigt den Zusammenhang zwischen dem
logarithmierten Durchschnittsmarktwert und den Punkten am Ende der Saison. Die
blaue Linie zeigt die lineare Regressionsgerade, die grauen Schatten 95%-Konfidenzintervalle.
Der Zusammenhang ist statistisch höchst signifikant, wie nicht anders zu
erwarten war. Die Korrelation wiederum erreicht ein Niveau ähnlich dem der
Berechnung des Economist. Gut die
Hälfte der Varianz
der Punkteanzahl der Teams kann mittels des Marktwerts erklärt werden. Die
Punkte in der Graphik wurden je nach Team unterschiedlich eingefärbt, um
bereits erste Rückschlüsse zu ermöglichen, welche Klubs mehr oder weniger
Punkte als erwartet holten. Tendenziell finden sich bei allen Teams Punkte
sowohl unter als auch über der Regressionslinie, sie spielten also sowohl über-
als auch unterdurchschnittliche Spielzeiten in Anbetracht ihrer
wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Graphik 1
Einige der prominentesten Ausreißer nach oben (Teams deren
Punkte in der Graphik sehr weit links und weit über der blauen Linie finden)
sind Aufsteiger. Teams wie die Admira, Altach und Grödig holten in ihren
jeweils ersten Jahren in der Liga in diesem Zeitraum weit mehr Punkte als
erwartet. Im Durchschnitt holten die fünf Aufsteiger knapp 17 Punkte mehr in
ihrer Premierensaison als ein Team mit gleichem Marktwert geholt hätte. Dieser
Umstand wird bei den Prognosen beachtet.
Aufbauend auf einem Regressionsmodell, in dem ich die
Punkteanzahl jedes Teams am Saisonende sowohl auf den Durchschnittsmarktwert
als auch auf eine Dummy-Variable
für die Aufsteiger regressiere, lässt sich für jede Saison für jedes Team die finale
Punktezahl prognostizieren und diese mit den tatsächlich erreichten Punkten
vergleichen. Diese Differenz summiert für jeden Verein während der fünf
Spielzeiten zeigt Graphik 2.
Graphik 2
Am meisten Punkte über den Erwartungen holte dabei Altach,
die nicht nur besser als die ohnehin ständig guten Aufsteiger abschnitt, sondern
dank eines starken Finish im Herbst wiederum über den Erwartungen liegt. Die SV
Ried ist ebenfalls ein konstanter Overperformer. Von den „großen Vier“ sind
Sturm und Rapid unter den Teams mit einem positiven Saldo, dazu kommt noch
Wiener Neustadt, das sich erstaunlich lange in der obersten Spielklasse halten
konnte. Die verbleibenden neun Vereine holten zwischen 2010 und 2015 allesamt
insgesamt weniger Punkte als erwartet, wobei die Unterschiede für die meisten
im vernachlässigbaren Bereich liegen (etwas Streuung ist bei derartigen
Prognosen nicht zu vermeiden, vor allem in einem Spiel wie Fußball, in dem
Zufall, Glück, Pech und knappe Entscheidungen eine derart wichtige Rolle
spielen). Außerdem können Durchschnittswerte wie die in Graphik 2 auch etwas
täuschen; so ist die Wiener Austria zwar insgesamt unterdurchschnittlich,
allerdings auch für die beste Saison im gesamten Untersuchungszeitraum
verantwortlich (+26,5 Punkte in der Meistersaison 2012/13). Problematische
Ausmaße bei der Differenz zwischen erwarteten und tatsächlichen Punkten lösen
sich zudem von selbst; die vier schlechtesten Teams in Graphik 2 sind allesamt
innerhalb des Untersuchungszeitraums abgestiegen, die nächsten beiden sind
zudem für heuer heiße Abstiegskandidaten (die Admira ist für heuer keineswegs
über den Berg).
Die Prognosen für die heurige Saison sind in Graphik 3
dargestellt. Neben der prognostizierten Punkteanzahl enthält die Graphiken Fehlerbalken.
Diese markieren den Bereich, innerhalb dessen das Team zum Ende der Saison mit
95%iger Wahrscheinlichkeit punktemäßig liegen wird.
Graphik 3
Die Prognosen lassen eine relativ deutliche Zweiteilung der
Liga erkennen. An der Spitze liegt Salzburg, das noch einmal einen Sonderfall
darstellt und in jedem Jahr weit vor allen anderen Teams in Bezug auf den
Durchschnittsmarktwert liegt. Um nicht Meister zu werden, muss man nicht nur
selbst weit unter den Erwartungen liegen, sondern es muss auch ein anderes Team
weit über den Möglichkeiten spielen, wie es im Untersuchungszeitraum Sturm
2010/11 und der Wiener Austria 2012/13 gelang. Es ist relativ sicher zu sagen,
dass trotz des derzeit noch bestehenden Unterschieds zwischen erwarteten und
geholten Punkten (siehe Graphik 4) auch in dieser Saison der Meister wieder
Salzburg heißen wird, was sich auch mit anderen Prognosen
deckt. Dahinter sind die restlichen „großen Vier“ sowie Mattersburg, das
aufgrund der guten Performance der bisherigen Aufsteiger sehr hoch bewertet
wird und durchaus um den Europacup mitspielen könnte.
In der zweiten Hälfte der prognostizierten Tabelle spielen
die Teams im Wesentlichen allesamt gegen den Abstieg. Der Erwartungsbereich
aller Teams überschneidet sich, womit grundsätzlich viel möglich ist, was sich
auch in der derzeitigen Tabellensituation widerspiegelt. Die derzeit weiter
vorne befindlichen Teams sind interessanterweise eher die, die am niedrigsten
bewertet werden, während sich die beiden am höchsten eingeschätzten Teams aus
der zweiten Tabellenhälfte (Ried und Wolfsberg) am Tabellenende wiederfinden.
Damit kommen schon wir zur letzten Graphik des Beitrags.
Graphik 4 zeigt den Unterschied zwischen der Anzahl an Punkten, die für den
derzeitigen Zeitpunkt prognostiziert wurden, und den tatsächlich erreichten
Punkten und ordnet die zehn Teams dementsprechend.
Graphik 4
Wir sehen, dass gut die Hälfte der Teams mehr Punkte geholt
hat als erwartet (dies ist möglich, weil Fußballergebnisse seit Einführung der
Dreipunktregel kein Nullsummenspiel
mehr sind). Die größte positive Differenz weist dabei die Admira auf, die mehr
als zehn Punkte über den Erwartungen geholt hat. So wie im Fall von Grödig sind
das Punkte, die im Abstiegskampf von entscheidender Bedeutung sein könnten.
Auch die beiden Wiener Vereine konnten mehr Punkte einfahren als erwartet,
Altach wie bereits erwähnt ebenso. Sturm liegt hingegen im Bereich des Erwarteten.
Auf der anderen Seite liegen Ried und Wolfsberg am Tabellenende, weil die
Ergebnisse schlechter waren als erwartet. Das heißt allerdings nicht, dass sie
unbedingt schlechter sind als die anderen Teams. Wie ich bereits mehrfach
erwähnte, sind Ergebnisse nur schwache Abbilder der tatsächlichen Leistungen
und können deshalb über die tatsächliche Qualität eines Teams täuschen. Deshalb
ist wohl auch im Abstiegskampf noch vieles möglich.
Mattersburg performt interessanterweise etwas besser (circa
drei Punkte) als man von einem Team mit diesem Marktwert erwarten würde, fällt
allerdings im Vergleich mit den anderen bisherigen Aufsteigern etwas ab. Es
wird sich weisen, ob sie die Serie der starken Aufsteiger im Frühjahr
fortsetzen können und dementsprechend in dieser Wertung noch nach oben
klettern. Im Falle von Salzburg wiederum erscheint der Trainerwechsel zumindest
in Bezug auf die Punkteausbeute gerechtfertigt zu sein.
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